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Dit is Berlin

HipHop-Underground. Der Rap aus Berlin hat einen schlechten Ruf. Er sei gewaltverherrlichend, sexistisch, prollig und stumpf, heißt es. Die Musikzeitschrift Spex hat in ihrer neuen Ausgabe die große Anstrengung auf sich genommen, einen differenzierten Einblick in die Berliner Rapszene zu liefern. Und siehe da, die befragten MCs, Produzenten und Labelmacher geben unerwartete Antworten. »Wir hatten früher nix. Keiner hat auf uns aufgepasst«, jammert etwa der Rapper B-Lash, als sei er die Trümmerfrau des HipHop. »Die vercrackte Welt macht einen schon genug fertig. Da muss man auch ein bisschen Hoffnung verbreiten«, gibt die Rapperin She-Raw zu Protokoll. Marcus Staiger, der Betreiber des Labels Royal Bunker, gibt den politischen Denker: »Die Rassismen, die der deutsche HipHop hat, müssen wir loswerden. Auch diese Schwulenfeindlichkeit. Das ist Befreiung.« Nur der Rapper Frauenarzt bleibt sich treu: »Ich war jung, notgeil, hatte Bock auf Fotzen und habe darüber gerappt.« Und weil er immer noch »true« ist, hat er in dem Artikel auch das Schlusswort: »Keine Drogen nehmen, aufhören, sich Crystal rein­zuziehen, und lieber ein bisschen miteinander ficken, Gruppensex-Parties veranstalten, sich gegenseitig einladen und dann rum­ficken, aber nur mit Gummi.« Und vor allem: Bitte nicht mehr rappen! (mst)

Sarkozy digital

Wahlkampf im Netz. Der französische Front National (FN) war zuerst da. Ihm folgte Ségolène Royal. Und nun hat es auch Nicolas Sarkozy geschafft. Sarkozy, der konservative Bewerber um das Amt des französischen Präsidenten, hat in der vergangenen Woche seine erste Wahlveranstaltung in der Internetwelt »Second Life« abgehalten. Auf »Sarkozy-Island«, der von der konservativen Partei eigens gekauften virtuellen Insel, verteilten Wahlkampfhelfer T-Shirts und Pizzastücke an Passanten. Das Werben in »Second Life« gibt Sarkozy dabei nicht nur ein der neuesten Technologie aufgeschlossenes und jugendliches Image. Während die Internetexperten in Sarkozys Wahlkampfbüro den Online-Charakter des Kandidaten durch die virtuelle Welt lenken, kann der echte Sarkozy in der realen Welt auftreten. Diese Effizienz dürfte ganz nach dem Geschmack des Kandidaten sein. (mst)

Das geht zu weit!

Eurovision Song Contest. Im vergangenen Jahr gewann die finnische Schock-Rock-Band Lordi den europäischen Musikwettbewerb Eurovision Song Contest. Nachdem die als Zombies, Mumien und Monster verkleideten Musiker den ersten Platz in der Ausscheidung belegt hatten, schien es, als sei alles möglich beim Grandprix. Doch die Verantwortlichen des Wettbewerbs wollen dem diesjährigen israelischen Beitrag die Teilnahme verweigern. »Push the button« heißt der Song der Band Teapacks. Seine politische Botschaft sei unangemessen, sagen die Organisatoren. Der Text beziehe sich indirekt auf die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm und den iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad. In dem Stück heißt es: »Die Welt ist voller Terror. Es gibt verrückte Führer, die uns zum Narren halten wollen. Mit dämonischer, technologischer Bereitschaft, Leid zuzufügen, wollen sie auf den Knopf drücken. Sie wollen uns in die Luft jagen.« Kobi Oz, der Sänger der Teapacks, äußerte sich in der israelischen Tageszeitung Yedioth Ahronoth zu den Vorgängen: »Das Lied könnte ebenso von dem Terror in Spanien, Russland oder England handeln. Unsere Art, mit dem Terror umzugehen, ist es, ihm ins Gesicht zu lachen. Die Europäer sollten diese Methode übernehmen.« Doch sie halten es bekanntermaßen nach wie vor eher mit dem Lied, mit dem Deutschland 1982 den Wettbewerb gewann: »Ein bisschen Frieden!« (mst)

Die Nation liest

Nation of Islam. »Ich möchte, dass ihr Leser werdet und euch diese Titel aufschreibt«, forderte Louis Farrakhan seine Zuhörer auf. In der vergangenen Woche hielt der Anführer der Nation of Islam, der größten Sekte schwarzer Muslime in den USA, eine Rede vor seinen Anhängern. Auf der Leseliste, die Farrakhan diktierte, fanden sich ganz besondere Werke: »The Secret Relationship between Blacks and Jews« macht die Juden für die Sklaverei verantwortlich; »The Secrets of the Federal Reserve« wettert gegen das US-amerikanische Bankensystem, das angeblich von den Juden kontrolliert wird. Literatur aus eigenem Hause soll Beobachtern zufolge auf der Großversammlung ebenfalls verkauft worden sein: In seinem Buch »The Synagogue of Satan« phantasiert das Mitglied der Nation of Islam, Ashahed Muhammad, von einer Weltverschwörung satanischer Mächte und jüdischer Eliten. Ideologisch ist also alles beim Alten bei der Nation. Es ist lediglich ruhiger geworden um die Sekte. In den neunziger Jahren machten HipHop-Acts wie Ice T, Da Lench Mob und vor allem Public Enemy stets Werbung für sie. 1995 organisierte sie den so genannten Million Man March, einen Marsch hunderttausender schwarzer Männer auf Washington, an dem Frauen nicht teilnehmen durften. Mittlerweile hat die Nation of Islam ihre große Anziehungskraft verloren. Und das ist auch gut so. (mst)

Mittwochs blau machen

Das Wetter. Man kennt es: Endlich ist das Wochenende da. Die Zeit drängt nicht. Man fühlt sich gut. Es könnte ein toller Tag werden. Doch dann macht man den Vorhang auf, erblickt die grauen, tief hängenden Wolken und die Regentropfen und möchte die Gardine sofort wieder zuziehen. Und das Schlimme ist: Das Ganze hat System. Karlsruher Meteorologen haben festgestellt, dass die Sonne wochentags häufiger scheint und es weniger regnet als am Wochenende. Die Zahlen lassen wirklich keinen Zweifel: Am Montag scheint die Sonne im Durchschnitt eine Viertelstunde länger als am Samstag. Und am Wochenende regnet es nicht nur häufiger, sondern auch mehr. Die Niederschlagsmenge steigt um 15 Prozent. Am höchsten ist die Temperatur dafür am Mittwoch. Es bleibt also nur eins: Neben dem arbeitsfreien Wochenende muss unbedingt die arbeitsfreie Wochenmitte eingeführt werden. Auf die Gewerkschaften sollte man sich mit dieser Forderung wahrscheinlich nicht verlassen. Zu empfehlen ist eher der kulante Hausarzt, den es hier und da wirklich noch geben soll. (mst)