Fußball und Fundamentalismus

raucherecke

»Die Mischung aus gelebter Integration junger Frauen in Berlin, Dialog mit dem Islam und Sport macht diese Begegnung einzigartig«, ließ das Innenministerium verlauten. Doch daraus wurde nichts. Der iranischen Frauennationalelf, die am Freitag zum Rückspiel gegen den BSV al-Dersimspor aus Berlin-Kreuzberg antreten wollte, wurde wegen angeblicher »technischer Probleme« die Ausreise aus dem Iran verweigert.

Trotz des Spielausfalls findet vor dem Stadion eine Kundgebung der »Frauen gegen Fundamentalismus« statt. »Politik und Sport kann man nicht voneinander trennen«, meint Mila Mossafer, die Sprecherin der Gruppe, weshalb das Fußballspiel als Gelegenheit dienen sollte, gegen die Unterdrückung und Verfolgung von Frauen und anderen Gruppen im Iran zu protestieren. Etwa 50 Demonstranten sind gekommen. Die Atmosphäre wird nur durch einen Polizisten getrübt, der die Demonstrierenden wiederholt maßregelt. Auf einem Transparent sind Fotos mit »Szenen aus dem bitteren Frauenalltag in Teheran« aufgeklebt, mit umgehängten Schildern solidarisiert man sich mit der Frauenbewegung im Iran.

Mossafer sieht die seit April verstärkte Repression im Iran auch als Antwort des Regimes auf die überall im Lande aufkommenden Proteste und sozialen Bewegungen. Die verhinderte Ausreise der Fußballerinnen ordnet sie in diesen Kontext ein. Ihre Kundgebung sei nicht gegen die iranischen Spielerinnen gerichtet, betont sie, vielmehr hätte man sie begeistert anfeuern wollen. Ihr Mut verdiene Bewunderung.

Doch die »unkritische, unpolitische Begeisterung« der deutschen Presse teilt sie nicht. Von der »Begegnung zweier Kulturen« zu schwärmen, sei falsch, weil »Zwangsverschleierung nicht unsere Kultur ist«, sondern erst vom Regime der Mullahs brutal durchgesetzt wurde. Sie sieht »keinen Fortschritt in einem Spiel, in dem beide Teams sich verschleiern«, wie im vergangenen Jahr beim Hinspiel im Iran geschehen. So werde kein »Dialog« geführt, sondern weitgehend unkritisch die Sharia akzeptiert. Doch »im Sport gibt es nur eine Kultur, Fußball hat internationale Regeln«. Daran sei auch der DFB zu erinnern, der zu den Unterstützern der vielleicht nur verschobenen »Begegnung« in Kreuzberg zählt.

jonny weckerle