Feindliche Chauffeure

Die Gerichtsentscheidung in Guantánamo von william hiscott

Legal, illegal, scheißegal? Die beiden Richter des Militärtribunals in Guantánamo sind anderer Ansicht. Überraschend wiesen sie in der vergangenen Woche die Klagen gegen zwei »illegale feindliche Kämpfer« ab. Denn es sei nicht festgestellt worden, ob die Angeklagten überhaupt illegal gekämpft hätten.

Auf der Grundlage des im Jahr 2006 vom Kongress überarbeiteten Tribunalverfahrens hatten die Anklagebehörden des Militärs alle Gefangenen in Guantánamo zu »illegalen feindlichen Kämpfern« erklärt. Diese summarische Entscheidung, die in der Regel damit begründet wird, dass die festgenommenen Kämpfer keine Uniformen trugen, akzeptieren die Richter nicht. Sie fordern ein militärrechtliches Verfahren, das im Einzelfall feststellt, ob ein Angeklagter »legal« oder »illegal« gekämpft hat. Nur für illegale feindliche Kämpfer ist das Militärtribunal zuständig, für alle anderen gelten die Bestimmungen der Genfer Konvention.

Um die Gefangenen der Zuständigkeit der zivilen Gerichte in den USA zu entziehen, richtete die Regierung das System der Militärtribunale ein. Nun wollen auch Militärrichter den Vorgaben der Regierung nicht folgen. Ermutigt durch den Wechsel im Pentagon, wo Robert Gates, der Guantánamo kritisch gegenübersteht, Donald Rumsfeld als Verteidigungsminister abgelöst hat, geht das Militär auf Distanz zur Politik von Präsident George W. Bush gegenüber den »feindlichen Kämpfern«.

Die Offiziere nehmen Medienberichten zufolge auch Anstoß daran, dass die Gefangenen nicht, wie die Regierung beteuert, die »Schlimmsten der Schlimmen« unter den Terroristen sind. Einem der beiden Angeklagten, über deren Status nun neu entschieden werden soll, wird vorgeworfen, er sei der Chauffeur Ussama bin Ladens gewesen, der andere, ein zur Tatzeit 15jähriger Kanadier, soll während eines Gefechts einen US-Soldaten mit einer Handgranate getötet haben. Die »institutionelle Integrität« des Militärjustizwesens müsse verteidigt werden, so ein anonymer Veteran der Luftwaffe im einflussreichen Blog »War and Peace«.

Die Regierung hält an Guantánamo und den Militärtribunalen fest, offenbar hofft man, dass ein Berufungsgericht des Militärs die Anklagen für zulässig erklärt. Doch der Widerstand gegen die »nationale Schande«, wie die New York Times das Gefangenenlager bezeichnet, wächst. Im Kongress sammeln die Demokratinnen Jane Harman und Dianne Feinstein Unterstützer für eine Gesetzesvorlage, die eine Schließung des Lagers innerhalb eines Jahres vorsieht. Gegen die Gefangenen soll vor normalen US-Gerichten prozessiert werden; reichen die Beweise nicht aus, sollen sie freigelassen werden. Den Justizausschuss des Senats passierte jüngst eine weitere Gesetzesvorlage, die in der Verfassung verankerte Habeas-Corpus-Rechte wiederherstellen würde. Bekannte Bürgerrechtsorganisationen sammeln Unterschriften für die Schließung von Guántanamo.

Allerdings ist das Gefangenenlager nur ein Element der Politik Bushs, die der Exekutive neue Vollmachten verschaffen soll und den Schutz vor staatlicher Willkür einschränkt. Geheime CIA-Gefängnisse, verschwundene oder an Diktaturen überstellte Gefangene, Folterungen und illegale Überwachungspraktiken wurden bekannt, und es mag noch manches geben, wovon die Öffentlichkeit nichts weiß. Bush scheint entschlossen zu sein, seine Politik unbeirrt fortzuführen. Welche der von seiner Regierung durchgesetzten Regelungen institutionalisiert werden, wird erst entschieden, wenn im Januar 2009 ein neuer Präsident das Weiße Haus bezieht.