Nachrichten

Eine alternative Sicht

Neuer Propagandasender. Manche Mausklicks führen ins digitale Nirgendwo. Aber Press TV ist ohnehin kein Internetportal, sondern ein Fernsehkanal. In der vergangenen Woche hat der iranische Sender seinen Betrieb aufgenommen. Er ist im Internet präsent und verbreitet seither 24 Stunden täglich in englischer Sprache Nachrichten. Der Mullahstaat möchte mit Press TV »den globalen, medialen Würgegriff des westlichen Markts brechen« und eine »alternative Sicht« bieten.

So legt der Sender die gescheiterten terroristischen Angriffe in London und Glasgow auf eine ganz eigene Art aus. Zunächst habe die Queen Salman Rushdie zum Ritter geschlagen, um die Muslime zu provozieren. Dann seien die Anschläge inszeniert worden, um die britische Bevölkerung gegen die friedliebenden Muslime aufzuwiegeln. Hinter allem stehe eine »dritte Macht«. Dass Geschichten, die sich Mullahs ausdenken, einen Bart haben, ist nicht verwunderlich. mst

Download reloaded

Russischer Provider. Überaus harmonisch verlief das Treffen von ­George Bush und Wladimir Putin in der vergangenen Woche. Über das Down­loadportal AllofMP3 konnten sich die beiden Präsidenten ja nicht mehr streiten. In der Vergangenheit hatten die USA immer wieder da­rauf gedrängt, das in Russland betriebene Internetangebot zu schlie­ßen. Das Portal verkaufte Musik zu überaus niedrigen Preisen, ohne jedoch internationale Urheberrechtsgebühren zu entrichten. AllofMP3 galt als ein Grund dafür, warum Russland bislang nicht in die Welthandelsorganisation WTO aufgenommen wurde.

Die russische Staatsanwaltschaft hat das Portal in der vorigen Woche geschlossen. Allzu lange dürfte die Freude im US-Wirtschaftsministe­rium aber nicht währen. Die Anbieter betreiben längst eine neue Seite mit dem Namen Mp3Sparks. Die gute Nachricht für die ehemaligen Nutzer von AllofMP3: Mit dem alten Passwort erhält man Zugang zu der neuen Seite. Viel Spaß also weiterhin beim Downloaden! mst

Der Lehrplan Gottes

Bibel und Biologie. Eine ganz besondere Vorstellung von fächerüber­grei­fendem Lernen hat die hessische Kultusministerin Karin Wolff (CDU). Ihrer Meinung nach soll die biblische Schöpfungsgeschichte im Biolo­gieunterricht gelehrt werden. Wolff hat ihren Standpunkt bereits des öfteren und erst vor kurzem wieder in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kundgetan.

In der vergangenen Woche debattierte der hessische Landtag über die Frage. In ihrer eigenen Partei und bei Ministerpräsident Roland Koch trifft Wolff auf Verständnis, ebenso in Teilen der FDP. Die SPD sieht die Religionsfreiheit in Gefahr. Die Grünen warnen davor, dem Kreationismus den Weg in die Schulen zu bahnen. Und tatsächlich: Eher sollten die Schülerinnen und Schüler in einem bisher nicht exis­tierenden Fach »Kretinismus« unterrichtet werden, um Menschen wie Wolff und Koch schnell und sicher identifizieren zu können. mst

Mit der Mode zwitschern

Fashion und Vogelgesang. Die Erfahrung ist bekannt: Songs, die man vor zehn oder 15 Jahren gut fand, lassen einen mittlerweile völlig kalt. So geht es nicht nur Menschen, sondern auch Dachsammern. Die US-amerikanische Biologin Elizabeth Derryberry hat Vögeln dieser Sperlingsart etwa 25 Jahre alte Aufnahmen von Zwitschermelodien vorgespielt. Auf weibliche Tiere wirkte der alte Lockruf nur mäßig anziehend. Die Männchen, die ihr Revier für gewöhnlich aggressiv vertei­digen, reagierten nicht sonderlich gereizt. Im Pop wie in der Natur gilt also: It’s only ­fashion, baby! Interessant wäre aber zu wissen, ob es auch für Vögel den Unterschied zwischen öden Oldies und unvergänglichen Klassikern gibt. mst