Tanz den Wolfgang Schäuble!

Im Berliner Club Maria wurde jede Hosentasche nach Drogen durchsucht. Gefunden wurde bei der Razzia nichts. von andreas hartmann

Wer vorletztes Wochenende am Samstag in den Berliner Club Maria am Ostbahnhof ging, wollte tanzen, Spaß haben und DJs aus Detroit erleben, meinetwegen auch: Drogen nehmen, die in Clubs genommen werden wie auf den Toiletten des Bundestags. Statt­dessen wurden die Gäste behandelt wie Got­teskrieger in Guantánamo. Gegen 2 Uhr nachts gab es eine Razzia. 170 Polizisten tauchten plötz­lich auf, satte vier Stunden wurde jeder Winkel der Maria und die Hosentaschen der Gäste nach Drogen abgesucht. Daniel Meteo, der den der Maria angeschlossenen Club im Club, Josef, mitbetreibt, berichtet: »Alle mussten sich auf den Boden setzen oder mit den Händen auf dem Vordermann dastehen. Drinks wurden einem aus den Händen geschlagen, spanische Touristen konnten es gar nicht fassen.«

Gefunden wurde: nichts. Bei elf Gästen irgend­was, ein paar Pillen, etwas Gras wahrscheinlich, aber in dem Clubbüro, wo man anscheinend eine Drogenhöhle vermutete: nichts. Natürlich nicht. Clubbesitzer, die so professionell wie die Betreiber der Maria ihren Laden führen, verticken im Normalfall keine Drogen. Clubs, in denen man von den Barmännern was in die Drinks geschüttet bekommt und sich in der VIP-Bar »Haschisch spritzt«, so wie man von den eigenen Eltern vor dem Ausgehen am Wochenende immer gewarnt wurde, sind, so denkt man eigentlich, seit den Achtzigern ausgestorben. Nur im antiquierten Weltbild der Berliner Po­lizei scheinen sie fortzubestehen. Immerhin scheint sich bei der Polizei irgendjemand aber doch wenigstens mit Techno auszukennen. Die eher harte Nummer war an diesem Samstag angesagt, »schon die richtige Party, um was zu finden«, meint Meteo.

Ben Biel, der Besitzer der Maria, kann sich die ganze Sache, die sich nicht zuletzt ja auch gegen ihn persönlich richtet, noch nicht so recht erklären. Sein Club, so hat er nun immerhin von der Polizei erfahren, wird als »krimina­litätsbelasteter Ort« eingestuft, also als eine Art krimineller Brennpunkt, es fehlt nur noch die behördliche Anbringung eines Hinweises (»Betreten auf eigene Gefahr«). Besucher eines stinknormalen Berliner Clubs werden also von den Behörden per se als verdächtig eingestuft, was ziemlich unglaublich anmutet. Noch fällt Biel zu der ganzen Polizeiaktion nicht viel ein. »Die haben ’ne Macke«, sagt er, »wir von der Maria haben alle Familie und einen bürgerlichen Hintergrund, wir würden niemals Drogen verticken.«

Warum gerade die Maria, weder der angesagteste noch der ausschweifendste Club der Stadt? Vielleicht wirklich, weil in Schäubles Sicherheitsstaat der leisteste Verdacht eines gelangweilten Beamten ausreicht, um den aufgebauten Observierungsapparat zu rechtfertigen. »Die Jungs brauchen Beschäftigung, das wird’s sein«, vermutet Biel. Eine andere Vermutung, die er hat, ist, dass der Maria, die vor dem G8-Gipfel eine »Move-against«-Veranstaltung in den eigenen Räumen durchführte, noch eine kleine Grußbotschaft hinterhergesandt werden sollte.

Allerdings bleibt es schon ziemlich seltsam, dass die Maria einerseits von »Partner für Berlin«, einer »Gesellschaft für Hauptstadt-Marketing«, als wichtiger Imagefaktor der »Partystadt« Berlin hofiert wird und zugleich in einer Provinzposse mit dem Titel »Den Drogensumpf austrocknen« mitspielen muss. Vielleicht hat das Ganze auch nur symbolischen Charakter und soll den anderen Clubs der Stadt zeigen: Auch euch können wir jederzeit hops nehmen. Das Exempel wurde offenbar bewusst an einem vergleichsweise schmuddeligen Club statuiert, der nicht nur auf Konsum, Partyhedonismus und positive Hauptstadtvibes aus ist, sondern dreisterweise auch noch gelegentlich politisch quertreibt.