Piccolo ja, Champagner nein

Das Informationszentrum 3. Welt in Freiburg befindet sich in einer finanziellen Krise. Doch die Rettungskampagne zeigt erste Erfolge. von theodora becker

Kritik verkauft sich oft nicht gut. Die meisten linken Medien kennen deshalb Finanzprobleme. Viele haben in regelmäßigen Abständen mit Engpässen zu kämpfen, die zum Teil existenzbedrohend sind. Häufig ist man auf Spenden angewiesen oder auf öffentliche Förderung. Linke Zeitungen müssen sich über Abonnements finanzieren, doch die Zielgruppe ist zum Großteil auch nicht gerade reich. Dazu kommt die Konkurrenz durch das Internet, das meist billiger und schneller Informationen zur Verfügung stellt. Deswegen kennt jeder Leser solcher Zeitungen die wiederkehrenden Abokampagnen.

Zurzeit hat das Freiburger Informationszentrum 3. Welt (iz3w) mit Geldmangel zu kämpfen. Seit Anfang des Jahres läuft eine Abokampagne für die gleichnamige Zeitschrift. Das iz3w setzt sich seit über 30 Jahren kritisch mit Themen des Nord-Süd-Verhältnisses, mit Rassismus, Tourismus, Kolonialismus und Globalisierung auseinander. Als einen Arbeitsschwerpunkt gibt es die Zeitschrift iz3w heraus. Außerdem betreibt es seit 1998 das tourismuskritische Projekt Fernweh und die Initiative freiburg-postkolonial.de, die die Spuren des deutschen Kolonialismus in Freiburg verfolgt und auf ihrer Internetseite zur öffentlichen Nutzung archiviert.

Die Gründe für die akute Finanzkrise, die sich bereits vor zwei bis drei Jahren angebahnt und seitdem schleichend verschärft hat, sind in erster Linie in der »Umstrukturierung« der öffentlichen Förderung zu suchen. »Hier sind neoliberale Prinzipien zu spüren. Vom Subventionsprinzip wird auf das Leistungsprinzip umgestellt. Das heißt, dass nur noch Projektförderung betrieben wird. Wer die tollsten und kompatibelsten Projekte anbietet, kriegt den Zuschlag. Die Förderung ist ein Markt geworden. Wer wie wir eine generell kritische Haltung zu allem hat und keine gut verkäuflichen Kampagnen initiiert, hat schlechte Karten, von dieser Projektförderung zu profitieren«, sagt Christian Stock, ein Mitarbeiter des iz3w.

Im Fall des iz3w stellten in den vergangenen Jahren das Entwicklungshilfeministerium und der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) die Förderung ein. Der EED hatte das iz3w jährlich mit einer pauschalen Summe gefördert, die ohne eine offizielle politische Begründung ersatzlos gestrichen wurde. Christian Stock vermutet allerdings, dass das iz3w dem EED zu unbequem wurde, weil es eben auch an der Entwicklungshilfebewegung selbst Kritik übe. Im November vergangenen Jahres wurde außerdem von der EU die Förderung für das Projekt Fernweh eingestellt, so dass dieses Projekt zurzeit nicht weitergeführt werden kann. Die Zuschüsse des Arbeitsamts für Stellen fielen ebenfalls weg, als Hartz IV und die Ein-Euro-Jobs eingeführt wurden.

Nach der Blütezeit der Solidaritätsbewegung in den siebziger und achtziger Jahren, als die iz3w noch zwischen 6 000 und 7 000 Abonnenten hatte, gab es in den Neunzigern schon einmal eine Rettungskampagne, die erfolgreich war. Die derzeitige Krise habe aber durch den Strukturwandel in der öffentlichen Förderung eine neue Qualität, sagt Christian Stock.

Die Auswirkungen sind deutlich spürbar. Zwar stehe das iz3w nicht vor der Schließung, dies liege aber weitgehend an der Selbstausbeutung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Nur noch wenige der insgesamt zehn bis 20 Aktiven haben Teilzeitstellen, der Großteil der Arbeit wird ehrenamtlich geleistet. Darüber hinaus erscheint die Zeitschrift iz3w seit Anfang 2007 nur noch zweimonatlich statt wie vorher sieben bis neun Mal im Jahr.

Doch die Abokampagne »1+1« zeigt schon kleine Erfolge. Die Spenden für das iz3w haben deutlich zugenommen. 175 neue Abonnenten sind seit Anfang des Jahres hinzugekommen. Das entspricht zwar noch nicht dem Ziel »1+1«, also für jeden der vorhandenen ungefähr 2 200 Abonnenten einen weiteren dazuzugewinnen. Aber Christian Stock ist dennoch zuversichtlich: »Wir machen einen Piccolo-Sekt auf, aber noch keine Flasche.«

Neben der Aufforderung an die Leser, nach Kräften zu helfen, will man auch in größerem Rahmen auf die Situation reagieren. So hat sich das iz3w mit mehreren Gruppen aus der Lateinamerika-Solidarität zusammengeschlossen, um in einer gemeinsamen Aktion bei möglichen, auch staatlichen Förderern ein Umdenken zu erreichen.