»Er sagte den Männern: ›Lasst mich‹«, berichtete der Nigerianer James Onuoha. »Vorher hatten sie ihm gesagt: ›Halt, Polizei!‹« Sein Bruder Tony sei vor zwei Zivilpolizisten geflohen, die ihn schon einmal verprügelt hätten. Tony Onuoha starb am vorletzten Samstag nach dem Sturz aus dem ersten Stock eines Cafés in Thessaloniki, in dem er raubkopierte CDs verkauft hatte. Pavlos Nikolaidis, der zuständige Einsatzleiter der Polizei, bestritt die Angaben James Onuohas und anderer Augenzeugen. Es hätten an diesem Tag keine Einsätze gegen Verkäufer von Raubkopien stattgefunden.
Misshandlungen von Immigranten durch die Polizei sind in Griechenland alltäglich. Der Todesfall führte zu mehrtägigen Auseinandersetzungen zwischen mehreren hundert Demonstranten und der Polizei. Berichten linker Medien zufolge eskalierte die Situation, nachdem die Polizei eine spontane Mahnwache bei dem Toten auseinandergeprügelt hatte. Dass Migranten, Autonome und Anarchisten zunächst gemeinsam auf die Straße gingen, werten manche als Zeichen einer neuen Solidarität im linken Spektrum Thessalonikis.
Sogar der konservative Präfekt Thessalonikis, Panayiotis Psomiadis, gab sich solidarisch mit den Immigranten und kündigte eine Untersuchung an. Auch die nigerianische Regierung will ermitteln, der Diplomat Mohammed Sani Dole mahnte am Mittwoch der vergangenen Woche zur Ruhe und warnte ausdrücklich vor den griechischen Anarchisten.
An den Protesten am folgenden Tag nahmen kaum noch Migranten teil. Während der Auseinandersetzungen waren 21 griechische Demonstranten festgenommen worden, 20 wurden wegen Körperverletzung und Landfriedensbruch angeklagt. Für ihre Freilassung demonstrierten am Donnerstag der vergangenen Woche etwa 400 Menschen. fh