Gulaschkanonen am Hindukusch

Die Friedensbewegung braucht die Bundeswehr in Afghanistan, um gegen den »War on Terror« zu demonstrieren. kommentar von thomas uwer

Die Lage in Afghanistan ist schlecht. Im Irak ist sie es auch. Ebenfalls im Sudan, im Kongo, in Burma und Usbekistan, in Zimbabwe und dem Tschad. Von Haiti spricht schon lange niemand mehr, dafür werden die Côte d’Ivoire und Guinea hoch gehandelt, wenn es darum geht, wer der nächste failed state wird. In allen genannten Ländern werden Menschenrechte missachtet, und beträchtliche Teile der Bevölkerung sind auf der Flucht. In den meisten ist der Staat vollständig delegitimiert, die Wirtschaft zusammengebrochen und die allgemeine Versorgung der Bevölkerung wenig mehr als das, was Hilfswerke aus Hubschraubern abwerfen. Was Afghanistan und den Irak davon unterscheidet, ist nicht nur, dass dort US-amerikanische Soldaten und die einiger anderer Nato-Staaten im Einsatz sind. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass es in Afghanistan und Irak schon viel schlimmer war, nämlich zu allem anderen noch hoffnungslos.

Dafür, dass es jetzt zumindest so etwas wie Hoffnung gibt, trägt zu allerletzt Deutschland die Ver­antwortung. Regierung und Parlament haben den Einsatz in Afghanistan beschlossen, weil sie dabei sein wollten. Nur wer mitmacht, kann damit drohen aufzuhören. Seitdem bewachen deut­sche Soldaten die eigene Gulaschkanone in Mazar-al-Sharif und leere Abfalleimer am Flughafen von Kabul. Dass es im Norden des Landes über lange Zeit kaum Zwischenfälle gab, darf nicht verwundern. Dort war es bereits ruhig, bevor die Bundeswehr anrückte. Erst seit die Taliban die Gewalt erneut auch in den Norden getragen haben, spricht man in Deutschland wieder vom Krieg, der nicht zu gewinnen sei. Von den Afghanen hingegen spricht man nur selten.

Dass für die anhaltende Gewalt zuallererst die Amerikaner verantwortlich sind, weiß in Deutsch­land jedes Kind. Und die Friedensbewegung wusste es als erste. Zu nichts anderem diene der »völkerrechtswidrige Krieg« als der »Sicherung der Einfluss-Sphären der USA«, heißt es im Aufruf zu einer »Großdemonstration« am kommenden Wochenende. Deshalb solle die »Bundeswehr raus aus Afghanistan«. Ansonsten nehme man »den Tod weiterer … deutscher Soldaten« in Kauf. Und den von Afghanen natürlich. Die heißen bei der Friedensbewegung allerdings nur »viele Men­schen« – so schlicht und ressourcenschonend, wie es nur die deutsche Friedensbewegung vermag.

Das ist konsequent. Denn mit Afghanistan hat die Debatte wenig zu tun, mit dem deutschen Kampf gegen den US-amerikanischen »War on Terror« dafür umso mehr. Was die Friedensbewegung einzig nicht versteht, ist, dass man dafür die Bundeswehr braucht. Und sei es nur, um qualifiziert dagegen zu sein.