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Denken Sie nicht, dass die Baumaßnahmen, von denen wir vor Wochen berichteten, mittlerweile der Vergangenheit angehörten. Zwar werden nicht mehr unmittelbar über unseren Köpfen Löcher gebohrt. Durch die neuen Rohre schräg über dem Konferenztisch plätschert nunmehr regelmäßig Wasser, so dass man sich an einen kleinen kecken Gebirgsbach im Frühling erinnert fühlt. Und die Decke in der Damentoilette existiert wieder.

Gebohrt und gehämmert wird weiterhin, als würde über und neben den Redak­tionsräumen der Palast der Republik in seine Einzelteile zerlegt und gleichzeitig das Stadtschloss wieder aufgebaut. Geheimnisvolle Hinweise am Aufzug für die Trockenbauer deuten darauf hin, dass die Zwischenwände im Dachgeschoss ihre endgültige Position noch längst nicht gefunden haben.

Sowohl dort, im fünften Stock, als auch auf unserer Etage, gleich gegenüber, wo früher Zeichentrickfilme wie »Der kleine Eisbär« und »Lauras Stern« entstanden, ist Gehöriges im Gange. Der Aufzug ist im Dauereinsatz, wird ständig ein- und ausgeräumt. Kommt er einmal gleich auf Befehl angefahren, ist er mit mehreren Paletten dubiosen Materials bis zum Rand voll gestopft, so dass ans Einsteigen nicht zu denken ist. Auftraggeber und Handwerker scheinen gleichermaßen einem Erneuerungswahn verfallen zu sein. Der Flur erstrahlt bereits in frischem Weiß und einem Grau mit lustigen dunkleren Klecksen. Auch auf unsere Eingangstür haben sie es abgesehen. Von außen wie von innen soll sie gestrichen werden. Wer weiß, was passieren würde, ließen wir unsere Räumlichkeiten einmal unbeaufsichtigt. Die Handwerker fühlen sich hier sowieso schon wie zu Hause und schieben sich in Massen mit einem freundlichen »Ich darf doch mal« an den Schreibtischen der Redakteure und Redakteurinnen vorbei.

Der Aufzug, der seit Beginn der Baumaßnahmen geradezu verdächtig einwandfrei funktioniert, leuchtet nach einem Anstrich in frischen Waldgrün. Dennoch halten sich beharrlich Gerüchte, er solle in naher Zukunft durch einen herkömmlichen Personenaufzug ersetzt werden, bei dem Türen statt Lichtgitter die beförderten Personen davor bewahren, zwischen Aufzugskabine und Wand zerquetscht zu werden.

Da außerdem der Flur neuerdings ständig mit Kinderwagen voll gestellt ist, liegt es auf der Hand, was hier vor sich geht: Brad Pitt, Angelina Jolie und ihre Kinderschar machen es sich keineswegs in Mitte, wie die anderen Medien behaupten, sondern in der Bergmannstraße 68 gemütlich. Was ja mehr als verständlich ist. Sie haben sich zwar noch nicht vorgestellt, aber wir rechnen täglich mit Besuch.