Bleibt original!

Der letzte linke Student. Von Jörg Sundermeier

Der letzte linke Student ist ein Anderer geworden. Und doch: er ist auch ein Anderer geblieben. Weil: ein jeder ist nicht nur er selbst, sondern auch ein Anderer. Insofern gilt: man ist immer doppelt da. Doppelt da zu sein bedeutet: dass man auch doppelt so viel leiden muss. Das heißt aber nicht: dass sich das Leid teilt. Denn: zwar ist geteiltes Leid halbes. Doch: halbes Leid ist wie ganzes. Denn: man kann Leid nicht halbieren. Leid ist absolut. Wie: Sonnenlicht. Oder: eine Schwangerschaft. Oder: das Meer. Das hat der letzte linke Student auf einem Gefühlsseminar gelernt.

Und es gilt aber auch: dass man nicht doppelt so fröhlich ist. Wenn: man überhaupt fröhlich ist. Glück: das hat man immer nur allein. Der andere letzte linke Student hat oft Glück. Der fühlt sich wohl, wenn er Tomte hört und GG Allin. Der genießt Sloterdijk. Und: er versteht den sogar! Ja, der trinkt sogar mal einen Wein! Aber der letzte linke Student, der originale letzte linke Student, der sitzt nur dabei. Und: ist traurig. Denn: Glück ist nicht teilbar. Es ist auch nicht umfassend. Sodass – Glück schuldig macht. Denn: der Welt geht es schlecht. Denn: da herrschen Hunger, Tod, Armut und das Alleinsein. Herrschen: vor. Wer da glücklich ist, ist böse.

Nun zieht der Körper vom letzten linken Studenten das besondere Notizbuch hervor. Der Körper: da drin sind ja beide. Beide: der Andere und das Ich. Ich schreibt: »Manchm. wäre ich wieder eins mit mir. Aber d. verhind d. Psychologie. Folglich muss ich mich in Leid und Freud spalten. Und Freud dann wegtun. Wegen der Welt. Ach, meine Psyche ist nicht immer eine Hilfe.« Ja, Hilfe! Hilfe! Die könnten wir auch wieder brauchen.