Guerilla unter Beschuss
»Wir können nicht einmal zählen, wieviele Soldaten, Janjaweed und Flugzeuge uns angegriffen haben«, sagte Saif Haroun, Sprecher der Guerillaorganisation Sudan Liberation Movement (SLM). Am Montag bestätigte Martin Luther Agwai, der Kommandant der Friedenstruppen der Afrikanischen Union (AU) in der Provinz Darfur, dass es einen Angriff auf Muhajeria gab. Offensiven der sudanesischen Armee und der regimetreuen Milizen der Janjaweed hatte es in den vergangenen Wochen auch an anderen Orten gegeben. Für Kämpfe in der Stadt Haskanita, bei denen Ende September zehn Soldaten der AU getötet wurden, werden dagegen Guerilleros verantwortlich gemacht. Die AU hatte daraufhin die sudanesische Regierung aufgefordert, die Stadt zu sichern. Das wurde offenbar als Einladung zu einer größeren Militäroffensive verstanden. Der Angriff auf Muhajeria traf dann die SLM, die als einzige Guerillagruppe im Mai 2006 ein Friedensabkommen mit dem Militärregime in Khartoum unterzeichnet hatte.
Am 27. Oktober sollen in Libyen neue Friedensverhandlungen beginnen. Die westlichen Staaten drängen die Guerillagruppen, an den Gesprächen teilzunehmen. »Wenn sie aussteigen, sollten sie die Konsequenzen kennen, wahrscheinlich wäre ihre Rolle in den Friedensverhandlungen beendet«, sagte Mark Balloch Brown, Staatssekretär für Afrika im britischen Außenministerium. Die Vertreter der wichtigsten Organisationen haben ihre Teilnahme zugesagt, einige bewaffnete Fraktionen scheinen jedoch mehr Interesse an Plünderungen als an Verhandlungen zu haben. Die Angriffe der Regierungstruppen könnten darauf zielen, auch Gruppen wie die SLM zu einem Abbruch der Gespräche zu bewegen. Allein am Verhandlungstisch, könnten die islamistischen Generäle dann auf die fehlende Kompromissbereitschaft der Guerillaorganisationen verweisen. js
Günstig geschmiert
Siemens. »Würde man von 1,6 Milliarden Euro Schmiergeldzahlungen ausgehen, von denen mal in einem Bericht an den Siemens-Vorstand die Rede war, hätte Siemens mit Blick auf den Steuervorteil rund 600 Millionen Euro zahlen müssen«, zitiert Spiegel online einen »Analysten« der Affäre vom Bankhaus Sal. Oppenheim in Köln. Stattdessen muss der Konzern für Korruptionsfälle in der so genannten Com-Sparte ein Drittel dieses Betrags, also 200 Millionen Euro, zahlen. Der Trend zu Einigungen mit prominenten und zahlungskräftigen Delinquenten, bei denen diese recht günstig davon kommen, setzt sich fort. Gs
23 auf einen Streich
Spanien. Vor vier Jahren ist die Partei Batasuna wegen ihrer Nähe zur Eta verboten worden. In der vergangenen Woche hat die spanische Polizei 23 führende Mitglieder der Partei festgenommen. Bei den Ermittlungen soll es vor allem darum gehen, ob Terroranschläge der Eta mit Geld von Batasuna finanziert wurden. Pernando Barreno, ein Vertreter der verbotenen Partei, behauptet, die Festnahmen seien ein »Rachakt« der Regierung. Er spielt damit offensichtlich auf einen von der Eta im Juni verübten Bombenanschlag an. Die sozialdemokratische Regierung hat seitdem ihren zuvor eher integrativen Kurs gegenüber den Separatisten merklich verschärft. ke
Trockene Revolution
Venezuela. »Was für eine Revolution ist das? Die Whisky-Revolution?« Präsident Hugo Chávez ist empört darüber, dass Venezuela »eines der Länder ist, in denen pro Kopf der meiste Whisky konsumiert wird«. Für eine gesunde Revolution propagiert er ein Wertesystem, für das Renate Künast und Mahmoud Ahmadinejad Pate gestanden haben könnten: viel Sport, wenig Cholesterin, keine Barbie-Puppen, kein Bier auf der Straße, weniger scharfe Saucen. Die Alkohol- und Tabaksteuern sollen erhöht und neue Steuern für Luxusimporte eingeführt werden. Auch die Armen trinken zu viel, deshalb soll die Nationalgarde Lastwagen beschlagnahmen, von denen aus auf den Straßen Bier verkauft wird. js
Der König ist beleidigt
Um ihrer Überzeugung die nötige Symbolträchtigkeit zu verleihen, verbrennen katalanische Separatisten immer wieder mal Bilder der spanischen Königsfamilie. In den vergangenen Wochen waren die Proteste so stark, dass sich der König gezwungen sah, darauf zu reagieren. In einer Rede an der Universität Oviedo verteidigte er die konstitutionelle Monarchie, da sie »die längste Periode von Stabilität und Wohlstand« in der demokratischen Geschichte Spaniens gesichert habe. Die neue Protestwelle der Monarchiegegner war durch die Verhaftung von zwei katalanischen Jugendlichen ausgelöst worden, die wegen »Majestätsbeleidigung« angeklagt sind. Sie sollen die Anführer der Protestkundgebung in Gerona gewesen sein, bei der Bilder des Königs verbrannt wurden, er selbst wurde ausgepfiffen.
Seit dem Karikaturenstreit im Juli, bei dem eine Ausgabe des Satiremagazins El Jueves beschlagnahmt wurde, da sie das Prestige der Krone beschädigt haben soll, ist eine Debatte um den Straftatbestand der »Majestätsbeleidigung« und die Legalität von Kritik am Königshaus entbrannt. JUB