Baskischer Herbst

Kurz nachdem fast der gesamte Vorstand der verbotenen Partei Batasuna in Spanien verhaftet wurde, explodierte in Bilbao eine Sprengfalle. Den baskischen Linksnationa­listen fällt nichts Besseres ein, als sich als Opfer spanischer Fremdherrschaft zu stilisieren. von gaston kirsche

Grimmig blickte Kepa Bereziartua, der Parteivorsitzende der Nationalen Baskischen Aktion (ANV), in die Runde der Medienvertreter. Die waren am Mittwoch voriger Woche zahlreich wie selten der Einladung zu einer Pressekonferenz der Partei ge­folgt. Aber kaum ein Journalist interessierte sich für den Aufruf der Partei zur Großdemonstration am 12. Oktober, dem Nationalfeiertag, den Bereziartua und die Parteisprecherin Arantza Urkaregu eigentlich vorstellen wollten. Die meisten Medien­vertreter wollten nur wissen, ob sich die ANV vom letzten Attentat der Eta distanziere.

Bereziartua und Urkaregui wiederholten beinahe gebetsmühlenartig, im Statut der ANV aus dem Jahr 1977 werde jede Art von Gewalt abgelehnt. Bereziartua und Urkaregui betonten zudem mehrmals, sie würden das Attentat von Eta genau­so ablehnen wie die Gewalt des spanischen Staates, die sich in der Verhaftung der Parteileitung von Batasuna manifestiere. Beides sei Ausdruck des Konfliktes um die Selbstbestimmung des bas­kischen Volkes.

Einen Tag vor der Pressekonferenz war am Auto von Gabriel Ginés, dem Leibwächter des sozialde­mokratischen Kommunalpolitikers Juan Carlos Do­mingo, eine Sprengfalle explodiert. Er hatte sein Auto am Abend zuvor in der Altstadt von Bilbao geparkt. Ginés erlitt schwere Verletzungen.

Verantwortlich für den Anschlag ist vermutlich die Eta, die in der Vergangenheit häufig solche Sprengfallen eingesetzt hat, um gezielt Menschen zu töten. Bei den Anschlägen mit Sprengfallen gibt es keine Vorwarnung, und die Eta bekennt sich in der Regel erst einige Zeit später in Kommuniqués zu den Anschlägen. In Spanien zweifelt kaum jemand daran, dass die Eta für den Anschlag auf Ginés verantwortlich ist.

Die Terrorgruppe hat seit der Aufkündigung des Waffenstillstandes am 6. Juni bereits dreimal Bom­ben gezündet. Am 24. August explodierte eine Autobombe vor einer Polizeikaserne in Durango, und am 25. September ging ein Sprengsatz in einem Kommissariat in Zarautz hoch. Am 2. Septem­ber beteiligte sich die Eta am jährlichen Verkehrs­chaos zum Ende der Sommerferien und zündete nach einer Vorwarnung elf kleine Spreng­sätze an diversen Autobahnen Spaniens. Die Stra­ßen waren deshalb stundenlang gesperrt. In gewohnt martialischer Manier bekannte sich die Terrortruppe zu den Anschlägen und verkündete, »die Einrichtungen des spanischen Staates an allen Fronten anzugreifen«, sollten in der baskischen Region weiterhin keine demokratischen Bedingungen für diverse politische Projekte herrschen.

Am 4. Oktober wurde nun fast die komplette Leitung der im Jahr 2003 verbotenen Partei Batasuna während einer geheimen Zusammenkunft verhaftet. 19 Personen sitzen unter dem Verdacht auf Fortführung einer verbotenen Partei und Unterstützung der Eta ohne Chance auf eine Haftverschonung in Untersuchungshaft. Pernando Barrena, ein Mitglied der Führungs­ebene, das nicht verhaftet wurde, sprach am Freitag von »einem rein repressiven Kurs, den die Justiz auf Anweisung der spanischen Regierung eingeschlagen hat«. Es seien für Batasuna jetzt wieder schwierigere Zeiten angebrochen, aber »die patriotische Linke und ihre SprecherInnen sind es seit langer Zeit gewohnt, unter Repression zu leiden«.

Mit der verstärkten Repression bestätigt die spanische Justiz die Selbstwahrnehmung der Linksnationalisten als Opfer spanischer Fremdherrschaft. Barrena brachte diese Opferstilisierung auf den Punkt: »Bei einer Razzia dieser Art ist es nicht vorhersehbar, wann sie stattfindet, aber sie passt perfekt in unsere Analysen und Vorhersagen«.