Vorsicht, Flugkacke!

»Room Service« mit Kurt Krömer in der Schaubühne. Von Heike Runge

Irgendwann gegen Ende des Stücks spritzt Kacke aus einem nackten Männerarsch und landet im Gesicht eines anderen Schauspielers. War die echt? Die Szene ist jedenfalls so gut gespielt, dass sich das Publikum authentisch zu ekeln beginnt. Aber vielleicht sollte man nicht gleich mit der schlimmsten Pointe anfangen, schließlich werden in »Room Service« alle mög­lichen Register der Komödie gezogen, von albern bis zotig eben.

Das für die Schaubühne untypische Stück ist eine rasante Broadway-Komödie, in der schon Frank Sinatra spielte. Kein Geld, kein Raum, keine Zeit. Um diese notorischen Mangelerschei­nun­gen im Bohèmienleben dreht sich alles, und darum, wie sie kompensiert werden, mit Tempo, Gier, Schamlosigkeit. Immer auf der Suche sein nach dem Sponsor, der den nächs­ten Scheck ausstellt. Auch die Marx Bro­thers erlagen dem Screwball-Charme der Klamotte von John Murray über ein mittelloses Theaterensemble, das sich in einem Hotel am Times Square eingenistet hat, und adaptierten das Stück fürs Kino. Auch der Hauptdarsteller fällt aus dem Rahmen. Für die Rolle des Produzentenschweins Gordon Miller importierte Tho­mas Ostermeier den für brachialen Anarchismus und Neuköllner Ruppigkeit bürgenden Neo-Kabarettisten Kurt Krömer. Dass das Stück funk­tioniert, wie es funktioniert, als wüste, bizarre und absurde Comedy-Komödie, verdankt sich nicht zuletzt seinem schrulligen Humor.

Mit Schauspielkunst im engeren Sinne hat er nichts zu tun, dafür ist der Rest des Ensembles zuständig. Kurt Krömer steht mit nichts außer einem Kurzbademantel und roten Cowboystiefeln im zunehmend unaufgeräumten Hotelzimmer und dirigiert, schiebt und schubst Servicepersonal, Ensemble und Hotelmanagement genauso rüde herum, wie er das als Gastgeber der Kurt-Krömer-Show mit Claudia Roth oder Klaus Wowereit machte. Die Kurt-Krömer-Identität zugunsten der Rolle aufzugeben, wird gar nicht erst versucht.

Und wie zur Krönung fliegt am Ende die Kacke. Eine Parodie auf den Vitalismus, wie ihn die Volksbühne zelebriert. Und ein Branding für das Stück, das es wie die Sperma-Tolle in »Verrückt nach Mary« unverwechselbar macht.

»Room Service«. Regie: Thomas Ostermeier. Buch: John Murray/Allen Boretz. Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin