Normal geht’s weiter

In Kroatien fischen alle im rechten Teich, weil es keinen anderen gibt. Daran hat sich in den vergangenen Jahren nichts geändert, nur dass das jetzt »Normalisierung« genannt wird. kommentar von boris buden

In seinen fortgeschrittenen Stadien muss der Prozess der postkommunistischen Transformation offensichtlich eine nominale Veränderung durchmachen. Er wird zum Prozess der »Normalisierung«. Eigentlich weiß niemand, wozu diese Umbenennung gut sein soll, und trotzdem reden auf einmal alle statt von »Transition« von »Normalisierung«. Kroatien ist also heute ein sich »normalisierendes« Land. Aber was heißt das eigentlich? Vor allem, dass es aus dem Land fast nichts zu berichten gibt. Selbst die bevorstehenden Parlamentswahlen sind kaum noch eine Nachricht wert.

Wie überall haben auch die kroatischen Wähler zwei Möglichkeiten. Entweder sie geben ihre Stimmen der regierenden HDZ oder den Sozialdemokraten. Worin besteht der Unterschied? Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht, und ich nehme an, dass auch viele Wähler in Kroatien es nicht wissen.

Einerseits ist es dem amtierenden Ministerpräsidenten Ivo Sanader (HDZ) gelungen, aus einer nationalistischen Bewegung, deren einziges Programm einst aus chauvinistischem Hass bestand und die sich offen ihrer »glorreichen« faschistischen Vergangenheit rühmte, eine langweilige, erzkonservative, teilweise rechtspopulistische und sich nach westlichem Vorbild umgestaltende Volkspartei zu machen.

Andererseits prahlt auch der sozialdemokratische Kandidat für den Posten des Ministerpräsidenten, Ljubo Jurcic, stolz mit den Faschisten aus seiner eigenen Familie. Ergo fischen alle im rechten Teich, da es keinen anderen gibt, beziehungsweise da sich niemand darum bemüht hat, eine alternative, linke politische Meinung zu artikulieren.

Doch die politische Szene, die eindeutig von den Rechten beherrscht wird, ist nur ein Teil der kroatischen politischen Gegenwart. Es gibt auch eine bürgerliche Elite. Eigentlich ist die Ideologie der aufgeklärten bürgerlichen Elite der Liberalismus. Doch statt konkrete politische Kritik am kroatischen Establishment zu üben, fällt dieser Elite seit Jahren nichs anderes ein als Europe now! In der Hoffnung, mit dem Eintritt in die EU werde alles besser, vermeidet sie einen offenen – und gefährlichen – Konflikt mit dem rechtskonservativen Mainstream der offiziellen Politik. Mit dem Blick des Westens vollkommen identifiziert, fordert sie eine möglichst rasche und kompromisslose Europäisierung – die »Normalisierung« – Kroatiens.

Dabei ist die kroatische Realität doch längst schon neoliberal geworden. Es sind die radikale Privatisierung, die weit fortgeschrittene Zerstörung des Sozialstaats, eine totale Deregulierung des Arbeits­markts und eine allgemeine Prekarisierung aller Lebensbedingungen, die das Leben der Kroaten bestimmen, auch ganz ohne Mitglied der EU zu sein. Und daran wird auch die Parlamentswahl nichs ändern. In Kroatien werden in jedem Fall rechtskonservative Politik und neoliberale Ideologie und Praxis herrschen.