Rock Da Vaterland

Der rechtsextreme kroatische Rocksänger Marko Perkovic, genannt Thompson, erfreut sich in seinem Land größter Beliebtheit. Selbst das staatliche Fernsehen überträgt seine Konzerte. von boris kanzleiter

Es war ein Katz-und-Maus-Spiel. Nachdem das Simon-Wiesenthal-Center energisch protestiert hatte, sagten in Toronto nacheinander zwei Veranstaltungsorte ein geplantes Konzert von Marko Perkovic ab. Die Nordamerika-Tournee des Rock­stars aus Kroatien wurde aber auch in Kanada nicht unterbrochen. Per E-Mail und SMS lotsten die Organisatoren am 4.November 5 000 Fans, hauptsächlich aus der kroatischen Diaspora, auf ein privates Grundstück außerhalb der Stadt. Dort durften sie ihr Idol bejubeln.

Das Jahr der großen Erfolge ging für den 41jährigen Marko Perkovic damit auch im Herbst weiter. Im Sommer hatte der Sänger mit dem Künstlernamen Thompson in seinem Herkunftsland Kroatien regelmäßig Zehntausende zu Konzerten gelockt. Ein Thompson-Konzert ist dabei nicht nur eine Musikveranstaltung, sondern auch eine politische Kundgebung. Darauf weist schon der Künstlername Perkovics hin: Thompson heißt auch das Fabrikat der Maschinenpistole, die er bei seinen Fronteinsätzen im Krieg gegen die Serben Anfang der neunziger Jahre immer bei sich trug.

Perkovic hat sich als einer der Topstars der kroatischen Musikszene fest etabliert. Der Höhepunkt seiner Tour, die unter dem Motto des neuen Albums »Es war einmal in Kroatien« stattfand, war das Konzert am 17. Juni in der Hauptstadt Zagreb. Über 50 000 Fans kamen in das für nationalistische Großveranstaltung bekannte Fuß­ball­stadion Maksimir. Einige Tage später übertrug das staatliche Fernsehen HTV das Konzert in gekürzter Fassung zur besten Sendezeit.

Der Erfolg von Thompson zeigt den Zustand der politischen Kultur Kroatiens. Denn Mar­ko Perkovic ist nicht nur ein bekennender Serbenhasser, sondern ein Star des Rechtsextremismus. Unbehelligt tummeln sich unter den Besuchern seiner Konzerte zahlreiche Fans, die auf T-Shirts, Mützen oder Fahnen stolz Symbole der faschistischen Ustascha-Bewegung zeigen, unter deren Herrschaft im Zweiten Weltkrieg Serben, Roma und Juden systematisch vernichtet wurden. Perkovic selbst grölt bei jedem Konzert den Ustascha-Gruß »Za dom spremni!« (Für das Vaterland bereit!) in sein Mikrophon. Und ein großer Teil des Publikums antwortet mit dem »Hitlergruß«.

Angesichts der verbreiteten Verharmlosung der Ustascha in Kroatien kommen Proteste fast ausschließlich von jüdischen und serbischen Organisationen. Milorad Pupovac, der Präsident des Serbischen Nationalrats, einer Vereinigung der serbischen Minderheit, forderte nach dem Konzert in Zagreb ein gesetzliches Verbot für die »Glorifizierung der Ustascha und Beleidigung der Opfer des Zweiten Weltkriegs«.

Erbittert äußerte sich im Juni auch das Simon-Wiesenthal-Center in einem Offenen Brief an den Staatspräsidenten Stipe Mesic. »Das verbreitete Zeigen von Ustascha- und ultranationalischen Symbolen bei Konzerten von Thompson ist kein einmaliger Fehler oder eine Zufälligkeit«. Perkovic fordere seine Fans regelrecht »zur Identifikation mit dem genozidalen Ustascha-Regime auf«. Auf Protest des Wiesenthal-Centers stieß vor allem die Entscheidung des staatlichen kroatischen Fern­sehens, das Konzert zu übertragen.

Die Reaktionen der Verantwortlichen sind allerdings bezeichnend. Das Mitglied des Verwaltungsrats von HTV, Jadranka Kolarevic, ging in die Gegenoffensive. Die Parlamentsabgeordnete der regierenden Kroatischen Demokratischen Gemein­schaft (HDZ) erregte sich über den Leiter des Wiesenthal-Centers, Efraim Zuroff. »Viele Menschen sterben jeden Tag in Palästina, und er kommentiert die Situation in Kroatien«, wies sie die Kritik zurück und halluzinierte darüber, dass sogar viele führende Ustascha jüdischer Herkunft gewesen seien. Zurücktreten – wie vom israelischen Botschafter gefordert – musste sie deshalb nicht.