Bestes Separatorenfleisch

HEIKO WERNING berichtet von diversen Schwierigkeiten bei der zwischengeschlechtlichen Annäherung und der Sexualität und klärt über die bizarren Besonderheiten der Berliner Küche auf.

Motherfucker

Als wäre nicht ohnehin schon alles kompliziert genug. Zu den Wirren des Erwachsenwerdens kam das Verwirrspiel mit den bereits Erwachsenen als nicht unerhebliche Hürde dazu. In Südamerika beispielsweise sind tagsüber die Stadtparks bevölkert mit jungen Liebespaaren, die Ruhe vor ihren Familien suchen. In Westfalen aber ist das Wetter zu schlecht, um sich in einen Park zu setzen. Die Münsteraner Jugend war also stets auf der Lauer, dass die Eltern mal nicht daheim waren, und dann musste noch schnell irgendwie das Date unter einem passenden Vorwand organisiert werden, oder wenn die Eltern, was nicht selten war, sich partout weigerten, ihr Haus jemals abends zu verlassen, dann musste alles sehr leise und heimlich vor sich gehen, was bei den quietschenden Federn der typischen in Schränke einklappbaren Jugendzimmerbetten ein sehr umsichtiges Vorgehen verlangte, aber gerade daran mangelte es ja damals erheblich. Es war ein Krampf. Später boten sich Autos als Alternative an. Ein Klassenkamerad berichtete davon, wie er panisch versucht hatte, die Rücksitze des elterlichen Opel Astra zu säubern. Zwar war er erfolgreich, doch traute er sich trotzdem die ganze Nacht nicht nach Hause, weil die Polster einfach nicht trocknen wollten. Die Sache mit dem Sitz fiel zwar nicht auf, aber natürlich tippten die Eltern angesichts des nächtlichen Fernbleibens auf die dann ja doch irgendwie auch richtige Ursache, und es gab einen Riesenärger und zweimaligen Taschengeldentzug. Der Depp. Später allerdings prahlte er vor den Kumpels, die im Wesentlichen über schüchternes Gestreichel noch nicht hinweggekommen waren, dass das Mädchen, mit dem er ging, ihm richtig einen geblasen habe. Alle waren sehr beeindruckt und neidisch. In vertraulicher Runde gestand er uns allerdings später unter dem Einfluss erster Alkoholgaben, sie hätte das lediglich aus Angst vor Verunreinigungen getan, sich dann furchtbar verschluckt, ihm deshalb schlimme Vorwürfe gemacht und sich sofort von ihm getrennt. Als wäre eben nicht alles schon kompliziert genug.

So gesehen hätte ich eigentlich froh sein sollen. Sie wohnte im Emmerbachtal. Die Neubausiedlung, wo die jungen Lehrerfamilien ihre Doppelhäuser aufgestellt hatten. Wo es Bürgerinitiativen gab. Wo man, wenn man zu Besuch war, der Mutter, die einem geöffnet hatte, nicht einfach sagen konnte: »Ist die Julia da?«, um sich dann vorbeizudrücken und in ihr Zimmer zu gehen, sondern wo die Eltern sich bemühten, mit der jungen Generation in Kontakt zu bleiben, weshalb man völlig unvermittelt etwas über Atomkraftwerke sagen musste oder die geplante Umgehungsstraße.

Ich war ziemlich aufgeregt, weil ich eine Verabredung mit Julia ausgehandelt hatte. Wir hatten ein paar mal auf Feten geknutscht, nun hatte sie mich eingeladen. Wir saßen mit ihren Eltern am Abendbrottisch, und ich musste erörtern, ob die Rede von Bundestagspräsident Philipp Jenninger antisemitisch gewesen sei oder nicht. Als wir zum Nachtisch den Fruchtjoghurt endlich aufgegessen hatten, sagte Julias Mutter plötzlich: »Du bleibst doch sicher hier über Nacht, oder?« Mich traf es wie ein Schlag. Was zum Teufel sollte ich darauf antworten? »Lass mal, Mama, das sehen wir dann schon«, schaltete sich nun Julia ein, und dann mir zugewandt: »Komm, wir gehen zu mir nach oben.« Julias Mutter nickte, und während wir über die Wendeltreppe ins Obergeschoss gingen, rief sie uns noch freundlich nach: »Aber denkt dran, Kondome zu nehmen, wenn ihr zusammen schlaft!« Also, liberale Eltern, die sich für ihre Kinder interessieren – schön und gut. Aber das hier war mir eindeutig – zu wenig intim. Zu wenig verrucht. Zu selbstverständlich. »Ja, Mama«, rief Julia zurück, und es klang nicht mal genervt.

Julias Familie wohnte in einem dieser typischen Neubaugebietshäuser: unten ein großzügiges kombiniertes Wohn- und Esszimmer sowie die Küche und ein Besucher-WC, oben das Bad, das Elternschlafzimmer und die beiden Zimmer für die Kinder. Die Zweikindfamilie war bauliche Grundvoraussetzung im Emmerbachtal. Und Julias Zimmer lag genau neben dem Schlafzimmer der Eltern. Wenn diese nachts ins Bett gingen, konnten wir hören, wie sie sich vor dem Einschlafen noch eine Weile leise unterhielten. Vermutlich über die geplante Fußgängerzone in Hiltrup-Ost.

Zwar verliefen die weiteren Geschehnisse zunächst durchaus in meinem Sinne, aber dann machte ich eine furchtbare Entdeckung. Julia machte Geräusche. Schon bei einfachem Gestreichel. Sie machte Geräusche, während ihre Eltern nebenan lagen und sozusagen die Erregungskurve ihrer reifenden Tochter akustisch live in ihr Ehebett übertragen bekamen. Ich versuchte, ihr durch leidenschaftliche Küsse den Mund zu stopfen, war aber letztlich nur bedingt erfolgreich.

Und dann der nächste Morgen. Die Eltern hatten den Frühstückstisch schon gedeckt. Dieses wissende, milde Lächeln. Diese dezenten Zweideutigkeiten: »Na, habt ihr gut geschlafen?« oder »Ihr wollt doch sicherlich noch duschen, Papa ist gleich fertig im Bad.« Nach der verwirrenden ersten Nacht mit Julia setzte ihre Mutter uns morgens Frühstücksflocken vor, während der Vater die Münstersche Zeitung las. Ich rührte ratlos in den Cornflakes herum, als sähe ich so etwas zum ersten Mal. Offenbar spürte die Mutter doch etwas vom Beklemmenden dieser Situation und fragte zur Auflockerung sehr interessiert: »Na, was habt ihr denn gerade in Erdkunde?« »Weimarer Republik?« erwiderte ich müde, und der Vater sagte mit sanfter Stimme: »Ach, lass mal, Charlotte, die beiden haben gerade was ganz anderes im Kopf.« Ich im nächsten Moment vor allem viel Blut. Alles verfügbare Blut, wie mir schien. »Du brauchst dich doch nicht zu schämen«, sagte die Mutter verständnisvoll, und ich schämte mich noch mehr. Ich hielt das keinen Monat aus und machte Schluss mit Julia. Ich war sehr erleichtert, als das nächste Date im Auto endete.

Maximilian’s Spezialitäten

Wer immer noch vom »grauen Wedding« spricht, der war noch nie an der Seestraße/Ecke Amrumer. Denn dort steht eine kleine Holzbutze, die derart leuchtend gelb angestrichen ist, dass es einem noch Stunden danach in den Augen schmerzt. »Maximilian’s Spezialitäten«, prangt in knallig roten Buchstaben darauf. Dort steht einsam ein Mann hinter seiner Fritteuse und schaut die ganze Nacht auf das vergnügungssüchtige Treiben vor der Großraumdisco auf der anderen Straßenseite – der Maximilian! Nachts bilden sich lange Schlangen vor der Bretterbude. Dann spielen sich dort die merkwürdigsten Szenen ab, und gelegentlich muss sich selbst der wortkarge Imbisswirt Luft machen. Bei solcher Gelegenheit stehen wir wie zwei alte Greise kopfschüttelnd da, vereint in unserer Ablehnung der verlotterten Sitten heutzutage, und es ist eine der wenigen Gelegenheiten, wo der Maximilian vom kühl distanzierten Pommesprofi, der alle Kunden mit derselben Missachtung und Wortlosigkeit behandelt, zum Mensch Maxi wird. »Willst du noch ’n Kaffee?« fragt er in diesen seltenen Momenten der Vertrautheit, und ich nicke dankbar. In diese Gunst kommt natürlich nur, wer sich in langen Jahren des widerspruchslosen Verzehrs der angebotenen Spezialitäten die erforderliche Vertrauensbasis erarbeitet hat, denn es scheint Einstellungsvoraussetzung in dem Etablissement zu sein, dass niemals ein persönliches Wort an die Kunden gerichtet wird. Egal, ob Umland-Discobesucher, Wedding-Prolet oder Arzt vom Virchow-Hospital – beim Maximilian gelten nur die harten Facts: Pommes oder Currywurst, Schultheiss oder Kindl, zum Hieressen oder Mitnehmen. Nicht mehr und nicht weniger, und das Publikum nimmt es dankbar und demütig zur Kenntnis.

Anfangs, nachdem ich aus Münster in den Wedding gezogen war, hatte ich die Bude hauptsächlich genutzt, um die Gäste aus der Heimat zu erschrecken. Allein beim Anblick der Preistafel – Bratwurst mit oder ohne Darm – wurde den Ersten schon schlecht. Ihr Entsetzen aber wurde namenlos, wenn sie eine Currywurst bestellten und mitansehen mussten, wie der Maximilian diese in aller Seelenruhe vom Grill nahm, sie sorgsam mit dem Messer zerstückelte, um sie zu den Pommes in das blubbernde Fett zu schmeißen, sich dann eine Zigarette anzündetete, und, während er diese genussvoll und schweigend schmauchte, die Wurstteile dabei beobachtete, wie sie so richtig durchzogen, bevor er sie aus dem Sud hob, flüchtig abtropfen ließ und sie schlussendlich unter einer großen Kelle Currypulver und Ketchup begrub, bevor er das Papptablett den schreckstarren Besuchern vorknallte. Danach hatte sich im Berlin besuchenden Bekanntenkreis die Spreu vom Weizen getrennt: Die überflüssigen Gestalten kamen nach einem solchen Erlebnis nie wieder, die echten Freunde blieben und bewunderten mich dafür, dass ich es geschafft hatte, mich unter diesen lebensfeindlichen Bedingungen anzusiedeln.

So verging Jahr für Jahr. In der Zwischenzeit habe ich den besonderen Ehrenstatus erreicht, dass der diensthabende Maximilian grüßend die Hand in seiner Bude erhebt, wenn ich vorbeischlendere. Dann geht ein Raunen durch die Menge der umstehenden Passanten. Die Neuankömmlinge aus Moabit, Westdeutschland und dem Libanon schauen neidisch zu mir, wohl wissend, dass sie noch lange und harte Jahre vor sich haben, und dass es trotz aller Bemühungen keineswegs garantiert ist, dass sie diesen sozialen Status jemals erreichen werden. Die alteingesessenen Weddinger hingegen nehmen es mit Respekt zur Kenntnis, und ihr angedeutetes zustimmendes Nicken will mir sagen: »Ja – du bist einer von uns! Recht getan!«

Und doch, mich um die allerhöchste Weihe zu bemühen, habe ich mich bis heute nicht getraut. Jedesmal blicke ich voll Ehrfurcht auf die Preistafel, wo sie in der untersten Zeile angeschlagen steht, ewiges Menetekel und verlockende Prophezeiung gleichzeitig: die Maxilette! Lumpige zwei Euro nur, und doch gleichbedeutend mit dem Griff nach den Sternen am gesellschaftlichen Weddinger Firmament. Nie traf ich auf jemanden, der sich getraut hätte, eine Maxilette zu bestellen. Nur ein­mal wurde ich Zeuge eines Frevels, und es beschämt mich, zugeben zu müssen, dass es ausgerechnet mein kurzzeitiger Mitbewohner Ben war, nachdem er gerade mal ein Jahr im Wedding gelebt hatte. Wir standen zusammen am Tresen, ich gab die übliche Bestellung auf, und plötzlich hörte ich Ben laut und klar formulieren: »Und für mich eine Maxilette, bitte!« Einen Moment schien der ganze Bezirk erstarrt, blieben die Autos stehen, hörten die Ratten auf zu quieken. War es wirklich nur eines der Flugzeuge, die Tegel anflogen, oder grollte es direkt vom Himmel? Ben wirkte etwas bleich, als hätte er plötzlich Angst vor der eigenen Courage bekommen. Doch dann taten alle, als sei nichts geschehen, und er erhielt die verlangte Speise.

Beherzt, wie um den bösen Spuk ein für allemal zu vertreiben, biss er hinein, und im nächs­ten Moment verzog er das Gesicht zu einer schrecklichen Grimasse, erfror in seinen Bewegungen, und deutlich konnte man verfolgen – wie bei einer Schlange, die ein Kaninchen verschlingt, das dann ganz allmählich durch das Innere des Schlauches gleitet –, dass das Maxilettenstück als kleiner Hubbel im Zeitlupentempo seine Kehle in Richtung Magen herunterkroch. Ein dumpfes metallenes Geräusch kündete von seiner Ankunft. Ungläubig und verschreckt wie ein Reh im Scheinwerferlicht starrte Ben auf das verhängnisvolle Brötchen, während der Maximilian ihn mit ungerührter Miene fixierte, doch mein Mitbewohner wollte nicht aufgeben. Ein zweites Mal biss er zu, versuchte zu kauen, wollte schon schlucken, doch die rasant einsetzende Grünfärbung seines Gesichts ließ Böses ahnen, und plötzlich erschütterte ihn ein Hustenanfall, der befürchten ließ, sein Innerstes werde nun nach außen geschüttelt; kleine Maxiletten-Bröckchen stoben über die Stehtische, er würgte und rang nach Luft.

»Ich glaube, ihr geht jetzt besser«, sagte der Maximilian mit der ruhigen und erhabenen Stimme des unangefochtenen Herrschers, der einmal mehr seine Machtfülle demonstriert hatte. Ich brach Bens verkrampfte Hand auf, löste den Rest der Maxilette, den er wild umklammerte, sorgsam heraus und überreichte sie vorsichtig an den Maximilian, der sie wie ein Hohepriester, der seine Opfergabe erhält, entgegennahm. Dann stützte ich den gebrochenen Körper meines Freundes und führte ihn nach Hause in unsere Wohnung. Er traute sich nie wieder auch nur in die Nähe der Amrumer Straße.

Noch heute aber, wenn ich bei »Maximilian’s Spezialitäten« vorbeigehe, hebt der König der Fritteuse im Innern seines gelben Reiches stumm grüßend die Hand, und ich weiß, dass ich hierher gehöre. Und eines Tages, ich bin sicher, werde ich ein Zeichen empfangen, dann wird es so weit sein, und feierlich werde ich eine Maxilette bestellen und Bissen für Bissen genießen können. Ich habe Zeit.

Zelten an der Müritz

Ich habe schon immer ein Faible für irgendwie alternativ-ökologisch-feministische Frauen gehabt. Ich weiß nicht warum, ich kam nie los davon. Vor allem zwei Dinge haben mir das Leben dabei regelmäßig schwer gemacht: Zum Ersten das Grunddilemma der zwischengeschlechtlichen Annäherung in diesem Milieu. Denn wie schafft man es, sich an eine Frau heranzumachen, letztlich dann ja doch irgendwie um Sex mit ihr zu haben, dabei aber andererseits permanent den Eindruck zu erwecken, sie keineswegs auf das Sexuelle zu reduzieren, denn das wäre ja sexistisch. Dabei hingen die meisten Frauen dieser Szene ja keineswegs strikten Moralvorstellungen oder romantischer Verklärung nach, sondern nahmen im Gegenteil für sich in Anspruch, »ihre Sexualität voll auszuleben«, wie es höchst unerotisch hieß, sprich: Sie wollten letztlich auch einfach nur vögeln, aber wenn überhaupt mit Männern, dann nur mit solchen, die sie nicht einfach nur vögeln wollten. Es ist mir nie gelungen, dieses Rätsel zu lösen.

Der zweite große Nachteil an solchen Frauen: Sie wollen immerzu zelten. Pensionen oder Hotels halten sie für spießig, außerdem ist Zelten so natürlich, so erdverbunden, so … – »arschkalt ist es!« gab ich zu bedenken, als Ulrike vorschlug, ein Wochenende im Mai an der Müritz zu campen. Sie sah mich empört an. Verdammt, ich fand sie wirklich interessant, es sah gar nicht schlecht aus mit uns, und jetzt kam sie mit dieser elenden Camping-Nummer. Ein Scheiß. Und das am womöglich neuralgischen Punkt unseres Verhältnisses, irgendwie musste allmählich was passieren, sonst wäre es am Ende noch auf eine dieser »Gute-Freunde«-Geschichten hinausgelaufen. Das ist nämlich das Problem bei der zwischengeschlechtlichen Annäherung, ohne ein sexuelles Interesse in den Vordergrund zu stellen. Ganz schnell ist man über den richtigen Punkt hinweg, und dann ist Sex plötzlich kein Thema mehr, dann hat man eine gute Freundin. Ich aber hatte schon einen ganzen Haufen guter Freundinnen. Ich brauchte nicht noch eine. Ich hatte schon mehr gute Freundinnen, mit denen ich über alles reden konnte, als Zeit, um mit jeder auch nur über das Wichtigste zu sprechen, geschweige denn über alles. Abgesehen davon war »alles« auch eine im Grunde lächerliche Lüge, denn während sie mir, wie mir schien, tatsächlich alles erzählten, am liebsten über ihr irgendwie gerade immer verkorkstes Liebes­leben, konnte ich natürlich das Entscheidende gerade nicht sagen, nämlich dass, meiner bescheidenen Meinung nach, ich die Lösung dafür wäre.

Gut, also auf zum Zelten. Im Grunde war die Gelegenheit natürlich auch ideal, zwei Nächte gemeinsam auf engstem Raum, eigentlich ja Romantik pur. Und es ging sich auch ganz gut an. Der Zeltplatz war wirklich schön, direkt am See, etwas abseits der Straße. Man kam nur zu Fuß hin, was Dauercamper und Familien auf sicherer Distanz hielt. Gut, man musste in Kauf nehmen, dass sich abends verschiedene Lagerfeuer bildeten, und zu jedem Feuer gab es auch immer mindestens eine Gitarre, und was wir da zu hören bekamen, war nicht alles schön, und manches erinnerte mich an die vergangenen Jungchristentraumata; wir aber machten es uns vor unserem Zelt gemütlich, tranken Rotwein und kamen uns näher. Bis irgendwann die Gitarren verstummten und der Schein der Feuer dem des Sternenhimmels Platz machte, wir bestaunten die Milchstraße, die so anders aussah als daheim in Berlin, dann sagte sie, sie sei jetzt müde und wolle ins Bett. Ich schluckte. Hatte ich den Punkt schon wieder verpasst? Oder kam er jetzt erst? Ich war unschlüssig. Einerseits wollte ich nichts falsch machen. Wir hatten ja zwei Nächte. Zwei Nächte, von denen ich andererseits sehr präzise Vorstellungen hatte, wie ich sie gerne verbringen würde, aber wenn ihre Interessenlage doch anders lag, dann, da war ich mir sicher, dann könnten diese Nächte auch zur Hölle werden, wenn es einmal ausgesprochen war. Im günstigsten Fall würde sie am nächsten Morgen erbost und »menschlich tief enttäuscht« zurückfahren, wahrscheinlicher aber würden wir »über alles sprechen«, sie wäre sehr mitleidig und einfühlsam und bemüht, mich nicht zu kränken, und ich wäre zu feige, einfach abzuhauen, weil ich mich nicht trauen würde, ihr zu sagen, dass ich doch eigentlich nur Sex mit ihr gewollt hatte, weshalb sie denn glaubte, warum ich mit auf diesen beschissenen Campingplatz gekommen war. Nein, diese Situation galt es unbedingt zu vermeiden. Ein Zeichen von ihr, und ich wäre aufs Ganze gegangen, aber so sehr ich auf alles achtete – es gab einfach kein Zeichen. Sie legte sich in ihren Schlafsack und schien sofort einzuschlafen. Vielleicht wartete sie einfach nur darauf, dass ich … ein leises, aber doch hinreichend deutliches Schnarchen ließ mich diese Theorie wieder verwerfen. Unruhig wälzte ich mich auf meiner Isomatte hin und her, der blöde Schlafsack war viel zu eng, und in meinem Rücken war eine Monsterwurzel von einem uralten Prachtbaum, der das alles hier schon Hunderte Male unter seinen ausladenden Ästen gesehen hatte, junge Paare kamen und gingen unter ihm ein und aus, natürlich, das war vor 500 Jahren auch schon so, ihm brauchte man da nichts erzählen, gelangweilt bohrte er seine Wurzel in meine Nieren. Ich schlief schlecht.

Der Samstag verging dann so einigermaßen, schönstes Frühlingswetter versöhnte mich wieder mit der Welt, und wir hatten die entscheidende Nacht ja noch vor uns.

Wieder verlief alles angenehm, wir unterhielten uns, wir saßen eng beieinander, wir ließen uns den Wein schmecken – als plötzlich eindeutiges Gestöhne aus dem Nachbarzelt drang. Das brachte meine Strategie doch irgendwie durcheinander. Was sollte ich tun? Ignorieren? Ulrike kicherte ein wenig, wirkte aber ebenfalls verunsichert. Was um Himmels Willen sollte jetzt geschehen? Sollte ich etwas sagen wie: »Gute Idee, oder? Wollen wir nicht auch?« Vielleicht nicht so richtig romantisch, schien mir. Oder sollte ich, wie wenn man auf einen weit entfernt singenden Vogel hinweist, der schon seit Jahren auf der Roten Liste steht, etwas säuseln wie: »Da! Hörst du es auch?« Völlig zu Recht müsste sie antworten: »Ich bin doch nicht volltaub, du Depp!«, denn nebenan schrie es inzwischen recht lautstark.

Verlegen schauten wir uns im Mondenlicht an, dann das benachbarte Zelt, ein winziges Einpersonenzelt mit offensichtlicher Überbelegung, es war regelrecht zum Leben erwacht, immer wieder wölbte es sich an der einen oder anderen Stelle schlagartig aus, wir hätten raten können, welche der Beulen für Beine, Arme oder Köpfe standen, fast hätte man fürchten können, dass die Heringe der Belastung nicht standhalten würden, und sie standen dicht am Wasser, es stöhnte und keuchte und öffelte. Allmählich erholten wir uns von der Überraschung. Ulrikes zunächst eher verstörtes Grinsen wich einem verschwörerisch-verführerischen Lächeln. Das war der Punkt! Diesmal war ich mir sicher. Auch ich lächelte vielsagend, sie schüttete mir noch etwas Wein in den Plastikbecher, rückte näher zu mir, wir wollten gerade anstoßen, da brüllte es plötzlich aus einem anderen Zelt: »Ey, verdammte Scheiße, könnt ihr nicht mal leiser ficken?!« Ich zuckte zusammen. Hatte die romantischflirrende Stimmung womöglich leichten Schaden genommen?

Wir sahen uns kurz unsicher an, dann aber lachten wir und setzten zum Kuss an, da brüllte es aus dem Zelt des lautstarken Liebespaares: »Was willst du denn, du Spießer, wir können ja wohl ficken, so viel wir wollen.« Wir duckten uns, das Paroli ließ nicht lange auf sich warten: »Andere wollen hier schlafen, ihr Wichser!« »Was heißt denn hier Wichser? Das bist ja wohl eher du! Wir ficken hier schließlich!« Jetzt mischte sich die Fickerin ein: »Ist ja wohl dein Problem, wenn du keine abgekriegt hast!« »Was heißt denn hier keine abgekriegt! Ehe ich eine wie dich ficke, mache ich’s mir lieber selbst!« brüllte der Wichser, und jetzt schalteten sich auch die anderen umstehenden Zelte ein: »Ey, könnt ihr mal ruhig sein!« »Wir kommen da gleich mal rüber.« »Euch besorg’ ich’s gleich mal richtig!«

So ging das noch eine ganze Weile. Wir krochen ins Zelt. Mein Verdacht schien sich zu bestätigen: Irgendwie hatte die erotische Stimmung gelitten. Ulrike verkroch sich in ihren Schlafsack, murmelte etwas wie: »Ist ja doch noch ganz schön kühl nachts«, und zog den Reißverschluss bis zum Anschlag hoch, nachdem sie die Kapuze ganz fest um ihren Kopf gebunden hatte. So lag sie da, ein menschlicher Castorbehälter, während es draußen noch murrte und schimpfte und pöbelte. Ich gab auf. Bereitwillig ließ ich mir die Wurzel des Baums in den Rücken bohren. An Schlaf war nicht zu denken. Im ersten Morgengrauen schälte ich mich aus dem Zelt und machte mir fröstelnd einen Kaffee.

Wir wurden gute Freunde, Ulrike und ich. Wir konnten über fast alles reden. Nur über ­diese Nacht an der Müritz, da schwiegen wir. Bis heute.

Imbiss zur Mittelpromenade

Es ist nicht gut, wenn man zu eingefahren lebt. Man muss einfach mal für Veränderung sorgen. Nach acht Jahren in meiner alten Wohnung direkt neben der »Aral«-Tankstelle spürte ich, dass es Zeit war, zu neuen Ufern aufzubrechen. Neue Leute kennen lernen, eine andere Umgebung, mal was von der Welt sehen. Also suchte ich mir eine neue Wohnung und zog um. Von der Seestraße 22 in die 101. Von der rechten auf die linke Straßenseite. Vom dritten Stock ins Parterre. Damit ich in der ersten Zeit mit all diesen Veränderungen klarkäme und überhaupt einschlafen könnte, stellte ich mir eine Lampe mit blauer Glühbirne vor das Fenster.

Da war ich nun also: Auf der legendären, geheimnisumwitterten, mystischen, der anderen Seite der Seestraße. Ich war stolz auf mich. Ich war seit Generationen der erste Werning, der die heimische westfälische Scholle verlassen hatte, und nun hatte ich mich auch noch als vermutlich erster Bewohner des belgischen Viertels in den Gefilden links der Seestraße angesiedelt. Denn der Weg hinüber ist lang und voller Hindernisse. Wer regelmäßig diagonal über die Kreuzung Seestraße/Müllerstraße muss, über zwei große sechsspurige Hauptstraßen mit Fußgängerampeln, die so getaktet sind, dass es selbst Leichtathleten kaum gelingen dürfte, während einer Ampelphase beide Fahrtrichtungen zu überqueren, und deshalb mit Dutzenden anderer Passanten zusammengedrängt auf der Verkehrsinsel in der Mitte wartet, um minutenlang bis zum nächsten Fußgängergrün von Autos und Straßenbahnen umtost zu werden, der bekommt eine echte Vorstellung davon, was das viel zitierte »Schweine­system« eigentlich ist. Und wer versucht, den Ampeln zu entgehen, muss sich durch ein Hundekotminenfeld höchsten Verseuchungsgrades schlagen, das den Begriff »Grünstreifen« ad absurdum führt. Nach der Neueröffnung der Straßenbahnlinie haben manche Seestraßenseitenpendler die Überquerung sogar mit dem Tod bezahlt, weil sie sich als alteingesessene Weddinger an den neuen Akteur im Verkehrsgeschehen einfach nicht gewöhnen konnten. Und schließlich, am Nadelöhr, der Schnittstelle zwischen den beiden Ufern, lauert die größte Gefahr: der »Imbiss zur Mittelpromenade«.

Früher handelte es sich um eine kleine Holzbude. Nach dem Bau der Straßenbahn war sie aber dem modernen Verkehrsträger nicht mehr angemessen, und die BVG spendierte einen fest installierten, ordentlich gemauerten Stand, direkt neben einer dieser neuen öffentlichen City-Toiletten, für die man zwei Euro oder so Eintritt zahlen muss und bei denen ich mich immer frage, ob dort jemals einer drauf war und was man wohl zu sehen bekäme, würde man mal die Münzen in den Schlitz stecken und das Ding öffnen. Wäre vielleicht mal ein Tipp für die Vermisstensuchkommission der Kripo.

Trotz des schicken Neubaus: Der »Imbiss zur Mittelpromenade« ist die mit Abstand fieseste, fettigste, unappetitlichste, ja ekligste Pommesbude, die ich kenne. Und ich kenne viele Pommesbuden. Als ich einmal testhalber dort aß, wurde mir schlagartig speiübel, was immerhin auch ein Erklärungsansatz für die City-Toilette nebenan wäre. Ich hatte eine Bulette bestellt. Meine Erwartungen waren keineswegs hoch geschraubt, ich rechnete mit dem üblichen Fleischklopps mit rauer, warziger, geradezu tumoröser Oberflächenbeschaffenheit, wie man ihn beispielsweise bei »Maximilian’s Spezialitäten« immer bekommt, bei dem man ständig auf diese Knorpelreste beißt und wo bei jedem zweiten Bissen ein Knochenstückchen zwischen den Kiefern splittert. Hinterher wehen dann zentimeterlange Fettfetzen zwischen den Backenzähnen im Speichel. Bestes, vermutlich mit Tapetenkleister zusammengepapptes Separatorenfleisch eben. Das war alles, mehr hatte ich doch gar nicht gewollt. Eine richtig schöne Pommesbudenbulette also. Ist das denn schon zu viel verlangt?

Ich bekam stattdessen ein in perfekte Form gegossenes Zylinderstückchen, einem Eishockeypuck nicht unähnlich, dessen Oberfläche so glatt war wie ein Babypopo. Ein frisch eingeölter, dem schmierigen Schimmer nach zu urteilen. Das Ding hatte kein Äußeres und kein Inneres; es war eine homogene Masse, in irgendeiner Fabrik in Form gegossen, und in der Bude dann in einem großen lauwarmen Ölsud aufbewahrt. Bei Bestel­lung wird es einfach dort herausgenommen und auf das Papptellerchen gelegt. Wenn man es durchschneidet, staunt man nicht schlecht: Keine Bröckchen, kein Hubbel, keine Blase, nicht eine einzige Fleischfaser. Feinst zermahlene, zu hundert Prozent mit Fett gesättigte Masse. »Mit Ketchup?«, fragte der Imbisswirt drohend, ich lehnte dankend ab, ging meines Weges und ließ das Ding im Papierkorb an der Straßenbahnhalte­stelle verschwinden. Ich schwor mir, nie wieder beim »Imbiss zur Mittelpromenade« einzukehren.

Die Herausforderung war groß. Lange Zeit blieb ich standhaft. Egal, wie spät es war, egal, wie betrunken ich war, egal, wie groß der bierbedingte Heißhunger in mir wütete. Nicht zur Mittelpromenade. Alles, nur nicht zur Mittelpromenade. Ich wusste, wenn ich erst einmal so weit gesunken war, dann würde es schwierig werden.

Aber: Die Prüfung war zu hart, die Falle unausweichlich. Ich muss daran vorbei, wenn ich vom Nachtbus oder von der U-Bahn nach Hause will. Eines Nachts passierte es dann. Mit Denken war schon vor Stunden Schluss, Laufen funktionierte auch nur noch rudimentär, aber der Magen, der wollte noch was Festes in die Liter. So stand ich dann um drei Uhr morgens mit den anderen Gescheiterten dieser Nacht an. Mein Gott, Schlange stehen für die »Mittelpromenade«! Der Laden aber weiß um den desolaten Zustand seiner Kundschaft, um den vollständigen Fatalismus, der zwischen City-Toilette und Straßenbahnschienen herrscht. Der Imbisswirt hat nur eine Schürze. Nein, ich vermute, der ganze Imbiss hat sogar nur eine Schürze, die sich der jeweilige Diensthabende einfach umbindet. Wie beim Staffellauf. Die Bediensteten klatschen sich sozusagen mit dem Kittel gegenseitig ab. Zeit, ihn zu waschen, bleibt da nicht. So also ist er in leuchtendem Uringelb weithin sichtbar eingefärbt, die braunen Schlieren mögen von Bratwurstwasser oder Ketchupspritzern herrühren, gemahnen aber dann doch wieder an die City-Toilette. Das spart nicht nur den Waschgang, das spart auch ein Handtuch. Ob Bratwurstwender oder Pommeskelle, ein Wisch im Kittel, schon ist die Gerätschaft wieder einsatzbereit. Dann bekomme ich schließlich mein Paket. Ich verlange in meinem Wahn noch ein Bier und erhalte eine Dose Berliner Kindl. »Hier, der Bon für’s Pfand«, gibt der Wirt mir ein Zettelchen. Ich starre es zunächst verständnislos an. »Ist ein Bombengeschäft für uns«, lacht mir der Diensthabende ins Gesicht, »so’n Ding hat noch nie jemand zurückgebracht.« Und tatsächlich, so ist es ja auch: Wer hier strandet, der tut das nur aus völliger Unwissenheit oder weil sein Zustand extrem verzweifelt ist. In beiden Fällen wird er später nichts anderes wollen, als zu vergessen. Und garantiert nicht noch einmal freiwillig hier vorbeischauen, um seine paar Cent Pfand abzuholen.

Am nächsten Tag geht es mir nicht gut. Mein Kopf dröhnt, mein Magen rebelliert. Filmriss. Was war geschehen? Ich kämpfe mich bis zur Küche durch, um einen Kaffee aufzusetzen. Auf dem Tisch erkenne ich mit schreckgeweiteten Augen ein Tablett, darauf fingerdicke Mayonnaisereste, daneben Spuren von Currypulver und eingetrocknete Ketchupflecken. Ich hatte doch nicht etwa … ? Schemenhaft fallen mir die Geschehnisse der Nacht wieder ein. Dann fällt mein Blick auf die Kindl-Dose und das Pfandzettelchen. Das war der Beweis: Ich musste tatsächlich nachts noch auf der Mittelpromenade gewesen sein. Schlagartig wird mir schlecht. Noch während ich ins Bad stürze, schwöre ich mir: Nie wieder! Und doch weiß ich, dass die Spinne längst ihr Netz wieder frisch gesponnen hat, und schon in dieser Nacht wird sie wieder fette Beute machen, hilflose Opfer findet sie immer. Und auch, wenn ich jetzt erst mal wieder eine Zeit lang gewarnt bin: Ich ahne, dass man seinem Schicksal auf Dauer nicht entgehen kann.

An der Tür

Es klingelt. Überrschend steht gar kein DSL-Heini oder UPS-Troll vor der Tür, sondern ein junges Paar Anfang zwanzig, das mich freundlich anstrahlt und verkündet: »Guten Tag! Wir sind deine neuen Nachbarn und dachten, wir stellen uns mal kurz vor!« Fassungslos starre ich sie an. Oha, denke ich mir, die müssen aber noch ganz schön was dazulernen, wenn die wirklich hier wohnen wollen. Haben die denn gar kein Feingefühl für die Bräuche der Einheimischen? Ich erwäge kurz, ortsüblich zu reagieren, also die Tür vor der Nase zuzuschlagen und vielleicht noch ein herzliches »Fickt euch ins Knie« hinterherzurufen, aber na ja, andererseits soll man fremden Kulturen gegenüber ja auch etwas Milde walten lassen und ihnen etwas Zeit geben, sich einzufinden, also entschließe ich mich zu einer moderat entgegenkommenden Reaktion und sage: »Tach.«

Der Typ schaut mich ein wenig ratlos an, offenbar entsprach mein durchaus freundlicher Gruß nicht ganz seiner Erwartung, aber er setzt unverdrossen nach: »Ich bin der Julian, und das ist die Birthe. Wir sind gerade aus Karls­ruhe hierher gezogen, um hier zu studieren.« Erwartungsvoll blicken sie mich an. Jetzt nur keinen Fehler machen. Ich habe mir in langen Jahren einen guten Ruf hier im Haus aufgebaut, den ich ganz sicher nicht durch eine unbedachte Freundlichkeit gefährden werde. Andererseits habe ich auch ein wenig Mitleid, sie sind noch so jung, so hoffnungsfroh, irgendwie anrührend. Also gilt es, eine feinsinnige diplomatische Sprachregelung zu finden, die einerseits der hiesigen Leitkultur nicht völlig zuwiderläuft, andererseits aber diese jungen hilflosen Geschöpfe nicht komplett vor den Kopf stößt und an der Welt verzweifeln lässt, kurzum, höchstes Fingerspitzengefühl ist gefragt, aber zum Glück ist das ganz mein Metier, nicht umsonst nennen sie mich den Kofi Annan der Seestraße. Wohlüberlegt und in genau austariertem Tonfall antworte ich also: »Aha.«

Seltsam, sie scheinen die Zeichen nicht richtig deuten zu können, sie wirken jetzt doch ein wenig verstört, vermutlich dachten sie, ich würde jetzt auch meinen Namen sagen, aber ich finde, bei der ersten Begegnung sollte man nicht immer gleich schon intim werden, deshalb lasse ich die Tür auch weiterhin nur einen Spalt breit geöffnet, und immerhin, jetzt scheinen sie zu verstehen: »Äh, ah ja, nun, wir müssen weiter, wir wollen auch noch bei den anderen Nachbarn vorbei.« Jetzt entschließe ich mich doch noch zu einer wohlmeinenden, freundlichen Geste und hauche durch den Türspalt: »Viel Glück!«

Verwirrt stapfen sie ein Stockwerk höher. Da werden sie es wohl als Nächstes bei Kaloppke versuchen. Na, den Moment kann ich jetzt auch noch abwarten. Interessiert lausche ich nach oben. Alles verläuft erwartungsgemäß: Kaloppkes Schlurfen über mir, Klinkengeräusche, leises Gemurmel, lautes »Hä?«, sehr lautes Türenschlagen, zögerliche Schritte weiter nach oben. Als Nächstes müssten sie bei Robert Rescue klingeln – na ja, der wird sich sicherlich nicht mal zur Tür aufraffen. Na also, da haben sie doch für den ersten Tag richtig was gelernt, das ist doch ein schöner Erfolg für den Anfang.

Vorabdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus: Heiko Werning: In Bed with Buddha. Ein episodischer Entwicklungsroman. Edition Tiamat, Berlin 2007. 192 Seiten, 14 Euro. Das Buch ist soeben erschienen.