Der Hessen-Heiland

von elvira hieb

Die Liebe gehorcht bisweilen keiner Regel. Was zuvor noch unvorstellbar war, wird plötzlich Wirklichkeit: Ein Schwan liebt ein Tretboot, Roland Koch die Menschenrechte. Und dazu den Dalai Lama, aber das gilt hierzulande als ungefähr dasselbe.

Den Menschenrechten, nein, dem Dalai Lama ist der hessische Ministerpräsident bereits in den achtziger Jahren begegnet, in den Neunzigern lud er ihn in den Hessischen Landtag ein, und im September besuchten sie gemeinsam das Freilichtmuseum »Hessenpark« bei Neu-­Anspach. Das verbindet.

So sprach er in Bild, dem Amnesty-Journal für die armen Leute: »Deutschland hat eine geschichtliche Verpflichtung, zu moralischen Fragen nicht zu schweigen. Wir haben kein Recht, die Wirtschaft vor die Menschenrechte zu stellen.« Deswegen schade Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) Deutsch­land, denn er erwecke mit seiner Kritik am Besuch des Dalai Lama im Kanzleramt »in Russland und China den Eindruck, wir Deutsche seien bereit, jede Art von Geschäften zu machen – egal, ob die Menschen­rechte mit Füßen getreten werden«.

Damit das klar ist: Wenn Koch krumme Dinger macht, dann für seine Partei, deren Mitglieder auch nur Menschen sind und daher Menschenrechte haben. Seine Zeit verbringt er ausschließlich mit Gutmenschen, etwa vom Studienzentrum Weikersheim, die keiner Fliege etwas zu leide tun. Für jeden abgeschobenen Flüchtling vergießt er Tränen, die Polizei ist seine Jesus Army, der Strafvollzug sein Kinderladen, die Überwachung des öffentlichen Raums sein Airbag gegen den Terrorismus. »Arbeit, Familie, Vaterland« sind für ihn »Love, Peace and Happiness«. Und dass er als »Hessen-Hitler« verunglimpft wurde, weil er mit einer Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft Wahlkampf machte, welche rein zufällig die NPD mit nur leichten Veränderungen für ihre Zwecke nutzte, bedeutete nach der Schmach von Versailles die größte Ungerechtigkeit der deutschen Geschichte.