Hamse mal ’n Pfund?

Das Image des Saubermanns hielt bei Premierminister Brown nicht lange vor. Seine Partei steckt mitten in einem Spendenskandal. Die konservative Opposition kann sich nicht freuen: Ihr geht es ebenso. von fabian frenzel, leeds

Premierminister Gordon Brown wird in den britischen Medien gerne mit Mr. Bean verglichen. Wie der berühmte Bean stürzt Brown von einem Missgeschick ins nächste. Dies ist besonders ungünstig, weil Brown sich zunächst als pragmatischer, professioneller Macher verkauft hat. Davon ist kaum noch etwas übrig geblieben.

Bereits das Hin und Her um mögliche Neuwahlen hatte ihm im November politisch sehr geschadet. Dann veröffentlichte die Regierung falsche Statistiken über die Einwanderung, und Angestellte des Sozialministeriums verloren in der Post zwei CD-Roms mit den privaten Daten von 25 Millionen Briten. Die Dateien enthielten Namen und Adressen von allen britischen Kinder­geldempfängern mit Namen und Geburtsdaten der Kinder und oftmals den Kontonummern und Bankleitzahlen. Dazu kamen die nationalen Ver­sicherungsnummern dieser Personen, die in Groß­britannien, wo es keine Personalausweise gibt, der alleinige Identitätsnachweis sind.

Nun ist Brown auch noch in einen Spenden­skandal verwickelt. Die Labour-Partei hat in den vergangenen sieben Jahren von dem Geschäftsmann David Abraham 900 000 Euro Spenden erhalten. Dieser hat das Geld allerdings nicht selbst überwiesen, sondern vier seiner Angestellten angewiesen, sein Geld in ihrem Namen an Labour weiterzureichen. Damit umging er die Kennzeich­nungspflicht, die Labour im Jahr 2000 unter Tony Blair eingeführt hatte. Das Gesetz für Parteienfinanzierung sollte sicherstellen, dass poli­tischer Einfluss nicht durch großzügige Spenden gekauft werden kann. Dem Gesetz zufolge muss bei Spenden von über 7 000 Euro der Geldgeber benannt werden. Zwar können die Spender Mittelsmänner einsetzen, um das Geld zu übergeben, allerdings nicht, wie die verantwortliche Wahlkommission bereits im Sommer entschieden hat, um die Identität des eigentlichen Spenders zu verheimlichen. Die Spenden von Abraham waren damit illegal. Gordon Brown kündigte bereits an, dass sie zurückgezahlt würden. Doch der politische Schaden ist damit nicht behoben.

Abraham entschuldigte sich, in dem er vorgab, unwissend gewesen zu sein. Er habe für Labour und auch für wohltätige Organisationen gespendet und bevorzuge dabei Anonymität. Nun ist Abraham allerdings ein Geschäftsmann und hat in den vergangenen Jahren unter anderem ein großes Einkaufszentrum in der nordenglischen Grafschaft Durham gebaut. Dass in Planverfahren für solche Großprojekte politische Beziehungen eine Rolle spielen, ist kein Geheimnis. Brown hat infolge des Skandals angekündigt, den Vorgang der Genehmigung des Einkaufszentrums auf Kabinettsebene noch einmal zu prüfen.

Besonders problematisch für Labour ist, dass Ge­neralsekretär Peter Watt zugeben musste, dass er von der Spende wusste. Nachdem in den Medien die vier unbekannten Spender als Angestellte von Abraham entlarvt worden waren, erklärte Watt, ihm sei bekannt gewesen, wer hinter den unbekannten Namen steckte. Ihm sei allerdings nicht klar gewesen, dass das Vorgehen Abrahams illegal gewesen sei. Watt trat in der vergangenen Woche zurück. Die Frage ist nun, wie viele weitere wichtige Labour-Politiker von der Geschichte wussten.

Jon Mendelson, der für Gordon Brown als Chef­fundraiser arbeitet, gab an, er habe einige Wochen vor der Veröffentlichung von der Situation gewusst, habe die Information allerdings nicht weitergegeben, sondern versucht, das Verfahren stillschweigend zu beenden.

Die Opposition forderte den Rücktritt der stellvertretenden Vorsitzenden der Labour-Partei, Harriot Harmann. Sie hat persönlich von den illegalen Spenden profitiert, als sie für ihren derzeitigen Posten kandidierte. Die Politikerin rechtfertigte sich, indem sie für sich reklamierte, von nichts gewusst zu haben. Allerdings hat auch einer ihrer Konkurrenten im Kampf um den Stellvertreterposten, der langjährige Labour-Politiker und ehemalige Kabinettsminister Hilary Benn, das Spendenangebot erhalten und es – im Wissen um den wahren Hintermann – abgelehnt. Harmanns Entschuldigung, sie habe von allem nichts gewusst, ist auch deshalb zweifelhaft, weil sie mit dem Labour-Schatzmeister Jack Dromey verheiratet ist. Dieser erklärte allerdings umgehend, dass auch er von nichts gewusst habe.

Die britischen Oppositionsparteien stürzten sich auf den Skandal. David Cameron, der Vorsitzende der Konservativen, erklärte, die Regierung sei erst von Arroganz zu Ignoranz und nun zur Missachtung des Rechts übergegangen. Die Liberalen sprachen von einer schmutzigen Affäre. Ein Rattennest habe sich geöffnet und müsse gesäubert werden, verlautbarte ihr Vorsitzender Vince Cable.

Für Gordon Brown ist »Donationgate« ein neuer Tiefpunkt. Dabei war er angetreten, um seine Regierungszeit »ehrlich und sauber« zu gestalten. Im vergangenen Winter, noch unter Pre­mierminister Tony Blair, waren Vorwürfe aufgetaucht, de­nen zufolge die Labour-Partei Posten im britischen Oberhaus für Spenden und Kredite vergeben haben soll. Das britische Oberhaus wird nicht gewählt, seine Mitglieder werden meist auf Lebenszeit ernannt. Den Parteien kommt bei der Ernennung der Lords eine wichtige Rolle zu, faktisch bestimmen sie nach Proporz die Zusammensetzung der zweiten Kammer.

In dem so genannten Cash-for-Honours-Skandal ermittelte sogar die Polizei nach einer Anzeige der schottischen Nationalisten. Sie hatten unterstellt, dass Labour Sitze im Oberhaus für die finanzielle Unterstützung der Partei im Wahlkampf 2005 vergeben hatte. Der ehemalige Schatzmeister der Labour-Partei, Lord Levy, ein Vertrauter Blairs, wurde zweimal festgenommen, unter anderem wegen des Verdachts gezielter Falschaussagen. Nach langen Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren in diesem Som­mer ohne Anklage ein. Blair, der im Zuge des Verfahrens dreimal verhört worden war, hatte durch den Skandal allerdings einen nicht unerheblichen politischen Schaden erlitten, der sein Abtreten als Premierminister überschattete.

Gegenwärtig gibt es bei den Konservativen allerdings auch einige Probleme. Die Partei von David Cameron ist vor allem wegen der Spenden, die sie von Lord Ashcroft erhalten hat, in den Schlag­zeilen. Der Multimillionär engagiert sich offen in der Partei und hat die Konservativen bereits im letzten Wahlkampf massiv finanziell unterstützt. Der umsichtige Stratege Ashcroft empfahl der Partei, mit seinem Geld gezielte Kampagnen in hart umkämpften Wahlkreisen zu finanzieren. Labour ist das natürlich gar nicht recht. Die Partei stellt die Legalität seiner Spendenpraxis in Frage, denn trotz seines großen Engagements in der britischen Politik ist der Mann nicht im Wahlregister eingetragen. Aus Gründen der Steuerersparnis residiert er im Steuerparadies Barbados. Deswegen darf er eigentlich gar nicht an britische Parteien Geld spenden. Dieses Problem umgeht er allerdings, indem als Spender eine seiner britischen Firmen auftritt.

Labour will Großspenden wie die von Ashcroft ganz verbieten und fordert bereits seit einiger Zeit eine maximale Spendenhöhe von 70 000 Euro für Einzelspender. Die Konservativen lehnen diese Reform ab, weil Labour die Gewerkschaften nicht miteinbeziehen will. Labour argumentiert dagegen, dass Gewerkschaftsspenden sich aus vielen Einzelspenden zusammensetzen würden und insofern anders seien. Der Eigennutz der jeweiligen Argumentationen ist offensichtlich.

Die Streitigkeiten um die Spendenverfahren sind derweil so eskaliert, dass illegale Spenden an schottische Labour-Abgeordnete von insgesamt gerade einmal 1 300 Euro für Schlagzeilen sorgten und zum Rücktritt eines Parlamentsmitglieds führten.