Weihnachten weggeklickt

Klick it! von maik söhler

Ich freue mich auf Weihnachten. Denn Weihnachten ist offline. Da kocht man, isst, spielt mit den Kindern, liest ein bisschen, trinkt, raucht, schläft. Der Computer bleibt aus. Na ja, zumindest meistens. Statt an Maus und Tastatur gewöhnen sich die Hände wieder an – ja was? Na, irgendwas halt. Die Augen starren nicht auf den Bildschirm, sondern auf Menschen, Essen, Getränke oder in die Luft. Boah, wie altmodisch! Boah, wie lebensecht! Boah, wie im Mittelalter!

Das Internet hat mir Online-Weihnachten gründlich verleidet. Normalerweise mag ich das Netz ja – alles ist so nah beisammen und doch so disparat. Kommerz und Vollverstrahlung, ultimativer Schwachsinn und höchste Erkenntnis, Hass und Humor liegen jeweils nur einen Klick auseinander.

Aber vor Weihnachten gilt das nicht mehr. Alles ist nur noch Kitsch, Marketing, virtuelle Shopping-Beratung. Avatare versuchen, einen zum Kauf von Gelump zu ködern, christbaumkugelgroße Pop-Ups wollen uns eine finnische Edeltanne frei Haus liefern, der E-Mail-Posteingang quillt über vor Werbung. Selbst die obligatorischen Viagra-Spammer schreiben »Christmas« in die Betreffzeile.

Auch alle guten Witze über Weihnachten wurden im Netz längst gemacht, alle guten Videos veröffentlicht, alles irgendwie Brauchbare wurde hin- und herverlinkt. Es hilft nichts – Weihnachten wird offline sein. Ich schalte jetzt ab.

technorati.com/search/weihnachten; www.xibben.de/Weihnachten; beta.miomi.com/#moment:MomentID=54bd8c94-f0a9-4b9e-91bd-0d3c5d5974f0; www.freebase.com/view/guid/9202a8c04000641f80000000051a7a93