Frieden schaffen mit schweren Waffen!

Ein Kampfeinsatz in Afghanistan würde die deutsche Außenpolitik um eine Lüge ärmer machen: dass es sich bei der Bundeswehr um eine Art bewaffnete Menschenrechtsorganisation handelt. kommentar von jan langehein

Nun also doch: Die Nato hat Deutschland gebeten, einen Kampfverband als »schnelle Eingreif­truppe« nach Nordafghanistan zu schicken, und die Bundesregierung wird diesmal wohl nicht mehr umhinkommen, »Ja« zu sagen. 250 Soldaten der 1. Panzerdivision werden wahrscheinlich eine Truppe norwegischer Kollegen ersetzen, die Berichten zufolge in den vergangenen Monaten mehrmals an vorderster Front gegen die Taliban gekämpft hat.

Bis zur offiziellen Zusage im Februar werden die Grünen und »Die Linke« jede Gelegenheit nutzen, ihre bekannte Kritik an der deutschen Afgha­nistan-Politik erneut in die Öffentlichkeit zu tragen: Der Militäreinsatz löse die Probleme des Landes nicht, sondern verschärfe sie, indem er den Islamisten Zulauf verschaffe, und auf keinen Fall dürfe man sich an der von den USA geführten Operation Enduring Freedom beteiligen. Vor allem werden die beiden Parteien vor einer weite­ren Militarisierung des Konflikts warnen.

Aber darum geht es derzeit gar nicht. Am Krieg in Afghanistan wird sich kaum etwas ändern, nur weil deutsche Soldaten zum Schießen eingeteilt werden. Denselben Auftrag gab es bereits vorher, er wurde nur, wie gesagt, von den Norwegern erledigt. Was sich allerdings ändern wird, ist das Bild, das sich die Deutschen von den Auslandseinsätzen ihrer Soldaten machen. Es ist bislang noch geprägt von der rot-grünen Ideologie, wonach Deutschland »auch am Hindukusch« verteidigt werde und die Bundeswehr im Ausland weniger als Teil einer internationalen Kriegsmaschinerie denn als eine Art bewaffnete Menschenrechtsorganisation wirkt.

Eine geschickt aufgebaute Illusion: Zwischen den Deutschen, die Schulen bauen, und den Amerikanern, die die Taliban jagen, besteht kein Gegensatz, sondern lediglich Arbeitsteilung. Trotzdem tut die Bundesregierung gern so, als habe sie mit toten Zivilisten nichts zu tun. Man rümpft die Nase über die Kampfeinsätze, die doch in Wirklichkeit Voraussetzung eines jeden deutschen Aufbauerfolgs sind.

Diese Ideologie kann bereits als verloren gelten, seit deutsche Tornados für andere Nato-Armeen klären, auf wen sie schießen müssen. Sie wird es schwer haben, den ersten Fronteinsatz der »schnellen Eingreiftruppe« zu überleben. Denn die rot-grüne Ideologie verträgt keine Bilder von Bundeswehrsoldaten, die mit schweren Waffen in Dörfer vorrücken, in denen sich Taliban verschanzt haben sollen. Solche Bilder würden ob ihres spektakulären Gehalts die anderen Bilder, die man gerne zeigt, sofort verdrängen – die mit Soldaten und lachenden Kindern darauf. Insofern wäre es zu begrüßen, wenn ab dem Sommer Bundeswehreinheiten den Job der Norweger übernähmen. Die deutsche Außenpolitik wäre um eine Lüge ärmer, und all die »Frieden schaffenden« bzw. »Frieden erhaltenden Maßnahmen« deutscher »Schutztruppen« erschienen endlich als das, was sie sind: als Kriegseinsätze.

Es könnte aber auch noch anders kommen. Ausgerechnet der US-Verteidigungsminister Robert Gates könnte der Bundesregierung dabei behilflich sein, ihr ideologisches Selbstbild zu retten. Seine Aufforderung, die Deutschen mögen Kampftruppen auch in den Süden Afghanistans schicken, erkannte sein deutscher Kollege Franz Josef Jung sogleich als wunderbare Gelegenheit, von dem einen Kampfeinsatz abzulenken, indem er den anderen ostentativ empört verweigerte. So platt diese Strategie auch erscheinen mag – legt man die bisherigen Propagandaerfolge zur Legitimierung der Auslandseinsätze zugrunde, könnte sie aufgehen.