Man schießt nur mit dem Herzen gut

von anne-sophie reichert

»Na, dann werd’ ich doch mal draufschießen.« Das dachte sich Horst Rippert, als er bei einem Aufklärungsflug am 31. Juli 1944 einen feindlichen französischen Flieger bemerkte. Er traf, wie so oft, und eigentlich wäre darüber kein weiteres Wort verloren worden, hätte nicht ein berühmter Mann darin gesessen. Rippert, zuvor vor allem als Bruder des kürzlich verstorbenen Schlagersängers Ivan Rebroff bekannt, sagte am vergangenen Samstag im ZDF, dass er vor 64 Jahren aus Versehen den französischen Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry erwischt habe.

»Wenn ich gewusst hätte, dass das Saint-Exupéry war, hätte ich niemals geschossen, niemals«, beteuerte der inzwischen 88jährige. Der sei nämlich sein Lieblingsautor gewesen. »Seine Bücher, die waren eben anregend und gut und auch anregend zur Fliegerei.«

Der Fliegerei gab sich Rippert damals ausgiebig als Kampfpilot in der Jagdgruppe 200 hin, mit der er während des Zweiten Weltkriegs unter anderem bei Marseille stationiert war. In einem Interview in der FAZ rühmte er sich, 28 Flugzeuge abgeschossen und das Ritterkreuz sowie das Deutsche Kreuz erhalten zu haben. Diese Orden bekam nur, wer im Nationalsozialismus »vielfach bewiesene außergewöhnliche Tapferkeitsleistungen« gezeigt hatte.

Der Grund seines späten Geständnisses ist ein neues Buch, in dem es um die mysteriösen Todesumstände Saint-Exupérys geht. Dieser war von einem Vorbereitungsflug für die Invasion der Alliierten nie zurückgekehrt. Erst im Jahr 2000 wurden Teile seines Flugzeugs vor der Mittelmeerküste gefunden. Die beiden französischen Autoren des diese Woche erscheinenden Buches waren bei ihrer Recherche auf Horst Rippert gestoßen. Sein langes Schweigen erklärte Rippert, der nach dem Krieg als Reporter beim NDR und als ZDF-Sportjournalist tätig war, mit der Angst um seine berufliche Laufbahn. »Können Sie sich vorstellen, was mit meiner Karriere passiert wäre, hätte man gewusst, was ich im Zweiten Weltkrieg gemacht habe?« fragte er die Autoren.