Vorsicht, Diebe!

Von wegen jugendliche ausländische Kriminelle. Statistisch haben den »größten Zugang zu Kriminalität« 55- bis 67jährige, erläuterte ein Kriminologe im Hessischen Rundfunk. Das ist ja dann auch eher die Altersklasse von Klaus Zumwinkel. Wenn er demnächst 67 wird, hört er laut Statistik also auf, in großem Maßstab Steuern zu hinterziehen. Von Nathalie Gemme

Schon in meinen frühesten Erinnerungen unterrichtet mich mein Vater in Kleinkriminalität: Sei schlau, klau beim Bau. Damals war er allerdings noch gar nicht 58 und arbeitete als Schlosser. Er lehrte mich, auf Baustellen vor aller ­Augen Kabeltrommeln mitzunehmen. Weihnachten fällten wir im Wald einen Baum. Wahrscheinlich ganz in der Nähe der Stelle, wo wir im Sommer Müll abgeladen hatten. Unsere Siamkatze stahl ich als Fünfjährige auf seine Anweisungen hin aus einem Restaurant. Später klaute ich auf eigene Faust einen Papagei – aus dem Nachbargarten. Den musste ich zurückbringen, beschämt und verwirrt. Inzwischen ist mein Vater auf Umwegen Ingenieur geworden. Jetzt zeigt er mir, wie man beim Kauf teurer Sportausrüstung weitere teure Sportutensilien in den zu bezahlenden Rucksack packt.

Sebastian sagt, Ladendiebstahlphantasien seien Symptom einer Persönlichkeitsstörung. Er muss es wissen, er studiert Psychologie. Aber wenn ich doch so erzogen bin? Außerdem habe ich in den vergangenen zehn Jahren vielleicht einen Schal und eine Mütze geklaut, indem ich damit einfach bei Kaufhof rausspazierte.

Meine Mutter hat früher im Supermarkt Kosmetika geklaut. Sie wurde erwischt. Mein jugendlich-emanzipatorischer Ehrgeiz war, das besser zu machen. Ist immer alles glatt gegangen.

Ramon fuhr während des Philosophiestudiums immer schwarz mit Verweis auf seine Haushaltskasse. Die Rechnung ging nicht auf. Ständig war er pleite wegen der Bußgelder. Deswegen fuhr er dann wieder schwarz. Borderline? Dieser Tage verlor ich den silbernen Ring eines Freundes. Kein Problem für ihn. Ich soll ihm nur einen neuen kaufen. Nun muss ich mich wohl aus meiner proletarischen Persönlichkeitsstörung lösen und – statt mich in Phantasien von Gelegenheitsdiebstählen zu ergehen – ein Juweliergeschäft ausrauben oder besser gleich ein Casino. So ähnlich wie in Heist-Movies im Stil von Ocean’s 11 bis 13.

Mal sehen, was dem angehenden Psychologen dazu einfällt.