»Firefly«

Western von morgen

Serie über Serien. »Firefly« ist Science Fiction, die nicht bloß Eiken Bruhn begeistern dürfte

Für »Firefly« gilt dasselbe wie für alle Fernsehserien: Wer sie nicht mit eige­nen Augen gesehen hat, fragt sich, was vernunftbegabte Menschen an ihnen finden. Keine Stars und ein wirr erscheinender Plot, der sich im Fall von »Firefly« um eine Gruppe Cowboys dreht, die in einem schrottreifen Raumschiff Kühe, Medikamente und andere Schmuggelware durchs Weltall fliegen. Da hilft nur eins: zielgruppengerechtes Product Placement.

Für Gläubige:
Joss Whedon, Schöpfer des »Firefly«-Universums, ist Gott. Seit er uns Buffy gab, die impulsive Vampirjägerin aus Kalifornien, vertrauen wir auf seine unendliche Gabe, uns zu unterhalten und zu erschüttern. Seine Pointen sitzen, seine Geschichten geben uns den Glauben an das Gute im Fernsehen zurück.

Für Gender-Studies-Studentinnen:
Die Besatzung der »Serenity« – fünf Männer und vier Frauen – erweitert eindeutig das Verständnis dessen, was »männlich« und »weiblich« ausmacht. Die Bord-Mechanikerin Kaylee repariert erfolgreich Motoren nach Gefühl, Pilot Wash freut sich, wenn seine Angetraute, die Kriegsveteranin Zoe, nach dem Sex nicht sofort einschläft. Überhaupt, der Sex: Ausgerechnet der Held, Captain Mal »Tightpants« Reynolds, hat keinen, was ihm zunehmend peinlicher wird.

Für Science-Fiction-Hasser:
Es geht auch ohne Silberpapier, Ohr-Applika­tionen und Klingonisch. Fremd sind wir Menschen uns auch in der Zukunft noch genug, was braucht es dazu Außerirdische? Wenn in »Firefly« jemand in grauer Uniform vor blinkenden Displays steht, gehört er garantiert der »Alliance« an, einem totalitären Regime. Das hat alles, was sich nicht beherrschen lässt oder aus anderen Gründen – wie Armut – die heile Welt der »inneren Planeten« stört, an den Rand des Sonnensystems verbannt. Dort waten die wahren Pioniere der neuen Welt durch Schlamm und Staub, in so hässlichen wie prak­tischen Klamotten: Hawaiihemden, Ledermänteln, Inka-Strickmützen.

Für Westernfans:
Weiter als die amerikanische Prärie ist nur das Weltall. Hier wie dort ist die Regierung weit weg, Viehdiebstahl verbreitet, und es gilt: Nur wer sich ständig bewegt, bleibt dem Gegner einen Schritt voraus. Wer wie Captain Mal glaubt, stets auch auf der Flucht vor sich selbst zu sein, Saloon-Schlägereien, Pferde und Country-­Musik liebt: Willkommen an Bord.

Für Chinesen:
China hat es auf der »Erde, die war«, zu einer den Amerikanern mindestens ebenbürtigen Weltmacht gebracht. Für spontane Ausrufe oder Beleidigungen greifen die Weltall-Bürger zu Mandarin.

Für Sexarbeit-Lobbyistinnen:
Auch in der Zukunft kaufen Männer Frauen. Und: Die Versuche, Prostitution als normalen Job zu etablieren, waren höchst erfolgreich. Sogar ein neuer Name wurde geschaffen: »Com­panions«, Begleiterinnen. Diese lernen an einer Akademie die Kunst von Konversation und Kopulation. Wer die elitäre Ausbildung durchlaufen hat, kann sich die Kundschaft selbst aus­suchen. Männer, die abgewiesen werden oder sich keinen Companion leisten können, greifen auf die normalen Huren zurück, die weitaus weniger respektvoll behandelt werden. Worin sich Companions und Huren unterscheiden, leuchtet auch einigen Crewmitgliedern nicht ein.

Für Utopisten:
Die sollten besser »Star Trek« gucken. Selbst wenn die Menschen die Erde zerstört haben, ge­lernt haben sie nichts daraus. Recycling scheint ein veraltetes Konzept, jeder bläst seinen Müll ins All. Auch am System hat sich nichts zum Guten gewendet, Geld zählt mehr als Menschen­leben. Die einen profitieren davon, die anderen führen ein klägliches Dasein auf entlegenen Planeten. Statt sich gegen Dumping-Löhne auf Schlamm-Farmen zu wehren, setzen die Unterdrückten dem ein Denkmal, der versehentlich geklautes Geld über ihnen ausschüttet.

Für Autonome:
Fox angreifen. Das Unternehmen setzte die Serie nach nur elf Folgen ab, auf DVD gibt es alles. »Firefly«-Macher Whedon versuchte, die Geschichte im Kinofilm »Serenity« zu Ende zu erzählen. Das musste scheitern: Zwei Stunden reichten dafür einfach nicht aus.