Wie bei Karsunkes

Eine Moderatorin kann nicht moderieren. Die Interviewten geben langweilige Kurzinterviews. Die gefeierten Protagonisten sind aufgeregt. Auf einer Videoleinwand werden Videos gezeigt. Die Deko besteht aus günstig erworbenem Glitterkram. Und das musikalische Rahmenprogramm wird der Einfachheit halber gleich vom Mann der Moderatorin bestritten. Menschen, die in Kleinstädten groß geworden sind, kennen solche Veranstaltungen, denn genau so sieht es aus, wenn das Autohaus Karsunke sein 25jähriges Bestehen feiert oder der Landwirtschaftsverband die örtliche Kartoffelkönigin kürt. Auch wer nicht in der Provinz aufgewachsen ist, weiß nun, wie Party à la Karsunke geht, es reichte, sich vorige Woche das Finale von »Germany’s next Topmodel« anzuschauen.
Das großflächig beworbene Großereignis, bei dem, wie es schon in zahlreichen Foren prophezeit worden war, die mittlerweile 17jährige Jennifer zur Siegerin gekürt wurde, bot alle Zutaten einer Provinz-Fete. Moderatorin Heidi Klum betonte unablässig, wie spannend die Entscheidung werden würde, die verbliebenen, aufgeregten Kandidatinnen taten versuchsweise so, als habe es keine Generalprobe gegeben, und begannen zu posieren, als liefe der Contest noch auf vollen Touren.
Zwischendrin sang dann Seal, hauptsächlich als Ehemann von Heidi Klum bekannt, seinen neuen Song, und wenn gerade nicht gesungen, posiert oder interviewt wurde, wurden Rückblick-Videos gezeigt. In denen kamen auch die 15 besten Kandidatinnen vor, die dann noch einmal auf dem Laufsteg zeigen durften, warum sie nicht in die Endrunde gekommen wa­ren. Und neidisch auf Jennifer gucken durften, die knapp 100 Sekunden Zeit für Siegerjubel hatte, und dann war die große Feier im Autohaus Karsunke auch schon vorbei.