Zwei, drei, viele Achtundsechziger

Der Rainer in der Kommune, dem Rudi seine Reden, das alles hat man inzwischen bis obenhin. »68« als bundesrepublikanische Nabelschau rund um die immer gleichen Ex-Protestler, davon ist nun hinreichend erzählt worden, sogar Götz Alys »Waren-alles-Nazis«-These haben wir kurz belächelt. Bei dieser kam aber auch die Frage auf: wenn der SDS also so eine Art Fortführung der Gestapo unter anderem Namen war, wie erklärt sich dann »68« als weltweites Phänomen, das auch eine Rolle in Ländern spielte, in denen man nicht auf so einen vorbildlich durchgesetzten Faschismus aufbauen konnte?
Eine Art Gegen-Aly ist der deutsche Historiker Norbert Frei mit seinem Werk »1968«, in dem »Jugendrevolte und globaler Protest« untersucht wird. Endlich einmal nicht nur Rainer und Rudi, sondern auch Provos, Swinging London, The Weatherman und sogar Jimi Hendrix. Doch anstatt internationale Ereignisse vom Vietnam-Krieg bis hin zum Prager Frühling miteinander in Bezug zu setzen, stellt Frei die Achtundsechziger-Bewegungen der einzelnen Länder blockartig nebeneinander und bläst zu einer Art Weltmeisterschaft in Sachen Protest. Die Ergebnisse lauten: Die Holländer, blieben unter ihren Möglichkeiten, Kiffer halt. Die Engländer haben gar nicht so richtig mitgemacht, hatten aber den Pop. Die Deutschen waren letztlich auch nicht so schlecht dabei. Und damit zurück ins EM-Studio.

Norbert Frei: 1968. DTV, Köln 2008, 286 Seiten, 15 Euro