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Die Klippen waren diesmal sichtbarer als noch 2005 beim Europäischen Verfassungsvertrag – und dennoch hat die EU erneut Schiffbruch erlitten. Nur in Irland musste der EU-Reformvertrag diesmal der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden – doch die sagte am vergangenen Donnerstag mit 53,4 Prozent prompt »Nein«. Der Plan der EU-Regierungen, die gescheiterte Verfassung so umzuschreiben, dass möglichst keine Volksabstimmungen stattfinden müssen, ging nur auf der Insel nicht auf – dort schreibt die Verfassung ein Referendum zu jedem EU-Vertrag vor. Jetzt ist der EU-Verfassung zufolge auch »Plan B«, der vor einem Jahr von den 27 Staats- und Regierungschefs in Lissabon beschlossene EU-Reformvertrag, vorerst gescheitert. Denn nur wenn alle Mitglieder das Papier ratifizieren, kann es in Kraft treten.
Anders als beim »Nein« der französischen und niederländischen Bevölkerung vor drei Jahren will die EU aber offenbar nicht weiter verhandeln. Zu klein erscheint in Brüssel die Zahl von drei Mil­lionen irischen Wahlberechtigten gegenüber 490 Millionen EU-Bürgern. Gerade im Europa-Parlament, das durch den EU-Reform­vertrag erheblich an Gewicht gewinnen würde, verlangen viele nun eine zweite Abstimmung. Für die Iren wäre dies ein Déjà vu: Bereits beim Vertrag von Nizza, der der­zeit gültigen Vertragsgrundlage der EU, hatte die Mehrheit der Iren, die sich an der Abstimmung beteiligten, zuerst mit »Nein« gestimmt, um dann bei einer neuen Abstimmung 16 Monate später auf dieselbe Frage mehrheitlich mit »Ja« zu antworten.
Bereits vor der Abstimmung Donnerstag voriger Woche hatten fast alle Parteien, Unternehmervereinigungen, die Dachorganisation der Gewerkschaften und die Bauernverbände die Menschen aufgefordert, mit »Ja« zu stimmen. Doch es fiel den Befürwortern sehr schwer, zu erklären, warum der EU-Reformvertrag »gut für Irland« sei. Die Gegner hatten ganz offensiv auf die nationalistische Karte gesetzt. Sie argumentierten, Irland hätte durch den EU-Vertrag weniger zu sagen, so müssten demnächst Abtreibungen in Irland erlaubt und Firmensteuern erhöht werden. Die oppositionelle nationalistische Sinn-Fein-Partei warf der Regierung vor, Irlands militärische Neutralität nicht gut genug abgesichert zu haben.