»Wir haben auch Niedersachsen«

»Schwaben raus!« ist in jüngster Zeit häufiger an Hauswänden in Berlin zu lesen. Auf Plakaten werden die »spie­ßigen, überwachungswütigen Schwaben« für die Ver­edelung mancher Stadtteile verantwortlich gemacht. Wird es für sie ungemütlich in der Stadt? Der Verein der Baden-Württemberger in Berlin gibt Auskunft.

Nimmt die Abneigung gegen die Schwaben in Berlin zu?
Unser Verein hat 470 Mitglieder, wir tauschen uns rege aus. Wäre jemand auf der Straße als »dummer Schwabe« beschimpft worden, hätten wir davon gehört. Aber uns sind solche Vorfälle nicht bekannt.
Auf Plakaten werden die Schwaben sogar zum Verlassen der Stadt aufgefordert.
Auf unserem letzten Stammtisch hat jemand von den Plakaten berichtet. Da haben wir zum ersten Mal vom Schwaben-Mobbing gehört. Manche Mitglieder unseres Vereins sind vor 40 Jahren nach Berlin geflohen, um dem Wehrdienst zu entgehen. Auch ihnen sind keine Fälle von Diskriminierung bekannt. Im Gegenteil: Viele Mitglieder sind in guten Positionen tätig.
Welchen Berufen gehen sie nach?
Es gibt Juristen, Steuerberater, Professoren. Zurzeit lebt niemand von Hartz IV. Aber wir würden so jemanden selbstverständlich nicht ablehnen.
Die Schwaben gelten in manchen Kreisen als zugezogene Yuppies, die für die steigenden Mieten verantwortlich seien.
Viele unserer Mitglieder sind zu alt, um Yuppies zu sein. Wenn die Mieten steigen, gibt es Verlierer. Anscheinend hat jemand die Schwaben als Übeltäter ausgemacht. Aber das ist Quatsch.
Warum begibt man sich, wenn man in eine Großstadt zieht, in einen Verein, der das Provinzielle pflegt?
Es ist nett, sich auf ein Glas Wein zu treffen und den Dialekt auszuleben. Die Herkunft verbindet uns, ist aber keine Bedingung für die Mitgliedschaft. Wir haben auch Schleswig-Holsteiner oder Niedersachsen im Verein. Wer an Baden-Württemberg interessiert ist, ist willkommen.