»Pro Köln« plant Konferenz gegen »Islamisierung«

Pro Köln, anti Islam

Die selbst ernannte Bürgerbewegung »Pro Köln« scheut keine Mühe, um gegen den Bau einer Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld und gegen die »Islamisierung in Deutschland« zu hetzen.

Auch linker Protest kann bisweilen ganz schön zackig klingen. Unter dem Motto »Aufgestanden! Hingesetzt! Blockiert!« bereiten sich antifaschistische und linke Gruppen darauf vor, den »Hetzkon­gress« der »Bürgerbewegung Pro Köln« zu verhindern. Einen entsprechenden Aufruf haben zahl­reichen Initiativen von der VVN über Attac bis zum Dachverband der aktiven Fanclubs des 1. FC Köln sowie etliche Künstler und das Ensemble der alternativ-karnevalistischen »Stunksitzung« unterzeichnet.
Mit ihrem »Anti-Islamisierungskongress« hat sich »Pro Köln« einiges vorgenommen: Die »Islamisierung und Türkisierung in Deutschland stop­pen« will die Wählervereinigung, die der Publizist Ralph Giordano als »lokale Variante des zeitgenössischen Nationalsozialismus« bezeichnet. Dazu hat sie Rechtspopulisten und -extremisten aus ganz Europa eingeladen. Die im Kölner Stadt­rat vertretene Truppe ist zuversichtlich, dass es ihr gelingt, »mehrere tausend islamkritische Bür­ger auf dem Roncalliplatz zu versammeln«. So tönte die Fraktionsvorsitzende von »Pro Köln«, Judith Wolter.
Als Redner angekündigt ist neben Jean-Marie Le Pen vom französischen Front National und Filip Dewinter vom belgischen Vlaams Belang etwa der Europaabgeordnete Mario Borghezio von der italienischen Lega Nord. Er wurde im ­Oktober 2005 zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt, weil er in Turin Zelte von Immigranten an­gezündet hatte, die unter einer Brücke schliefen. Ebenfalls angekündigt sind die FPÖ-Funktio­näre Andreas Mölzer, Harald Vilimsky und Heinz-Christian Strache. Klubobmann Strache, der früher in den Wäldern Kärntens mit Wehrsportfreunden paramilitärische Spielchen veranstaltete, war bereits im Juni vergangenen Jahres der Stargast bei einer kleineren Demonstration der Initiative »Pro Köln« gegen den geplanten Bau einer Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Kürzlich sagte Strache, es dürfe nicht länger zugelassen werden, dass die schwei­gende Mehrheit zu Hause sitze, während »unsere Töchter den gierigen Blicken und Händen ganzer Zuwandererhorden ausgesetzt sind, weil diese keinerlei Verständnis für die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft haben«.
Zunächst angekündigt, aber inzwischen nicht mehr auf der Rednerliste stehen der als Holocaustleugner vorbestrafte Nick Griffin von der »British National Party«, Robert Spieler von der Regionalpartei »Elsace d’abord« sowie der deutschnationale Alfred Mechtersheimer. Dafür darf Harald Neubauer, Mitherausgeber der Zeitschrift »Nation & Europa«, nicht fehlen. Der ehemalige Bundesvorsitzende der »Deutschen Liga für Volk und Heimat« (DLVH) ist ein alter Weggefährte von Markus Beisicht und Manfred Rouhs, dem Vorsitzenden und dem Fraktionsgeschäftsführer von »Pro Köln«. Bei der vergangenen Bundestagswahl kandidierte Neubauer auf Platz zwei der Lan­desliste der NPD Sachsen.
Beisicht und Rouhs bauten bereits vor vielen Jahren gemeinsam den örtlichen Kreisverband der »Republikaner« auf und schafften es damit Ende der achtziger Jahre in den Rat der Stadt. Später mach­ten sie bei der DLVH weiter. Wild ging es zu in jenen Tagen im Deutzer Büro: »DL, Mitglieder der FAP und Skinheads veranstalteten dort regelmäßige Saufgelage, nach denen man sich mit ›Heil Hitler‹ und Sprüchen wie ›Türkensau muss raus‹ voneinander verabschiedete«, berichteten Anwohner 1994. Auf ein »zweistelliges Wahl­er­geb­nis« hoffend, landete die DLVH bei der Kommunalwahl 1994 bei unter zwei Prozent und flog aus dem Rat. Um Rouhs und Beisicht wurde es einige Zeit still. Untätig blieben die beiden allerdings nicht. Als Ableger der DLVH gründete sich im Juni 1996 »Pro Köln«.
Die selbsternannte »Bürgerbewegung« bemüht sich nach Kräften, als eine »bürgerliche Plattform« (Beisicht) zu erscheinen. Dennoch besteht für den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz nach wie vor der begründete Verdacht, dass die Vereinigung Kontakte zu offen rechtsextremistischen Organisationen wie der NPD oder »Frei­en Kameradschaften« unterhält. Mehrere Klagen von »Pro Köln« gegen diese Einschätzung scheiterten. Wie ihre Vorläufer schimpft auch die Initiative »Pro Köln« auf die »politische Klasse« und die »Altparteien«, hetzt gegen Migranten, »Zigeuner«, Drogenkranke, Prostituierte, Wehrmachtsdeserteure sowie die »Homo-Lobby« – und unliebsame Journalisten werden als »Schreibtischtäter« bezeichnet.
Bei den Kommunalwahlen 2004 schaffte »Pro Köln« mit 4,7 Prozent den Einzug in den Kölner Rat und sitzt seither auch in allen neun Bezirksvertretungen der Stadt. Inzwischen versucht der krude Verein, sein Modell zu exportieren. Im Januar 2005 gründete sich die »Bürgerbewegung Pro Deutschland« mit Rouhs als Bundesvorsitzendem, im Februar 2007 die von Beisicht angeführte »Bürgerbewegung Pro NRW«. Mit ihrem »Anti-Islamisierungskongress« wollen sie nun »unmittelbar in den Vorwahlkampf für die NRW-Kommunalwahlen 2009 einsteigen«, wie Beisicht sagte.
Der Widerstand gegen den Kongress formiert sich. Unter dem wenig geistreichen Motto »Wir stellen uns quer« ruft ein auch für Kölner Verhält­nisse bemerkenswert viele Gruppen vereinendes Bündnis zu Protesten auf. »Wir wollen nicht, dass diese Leute mit ihren hasserfüllten Gesichtern vor dem Dom stehen«, sagte der Kölner DGB-Vorsitzende Wolfgang Uellenberg-van Dawen. Der Unmut reicht bis hin zur Kölner CDU, deren Vorsitzender Jürgen Hollstein an Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) und Polizeipräsident Klaus Steffenhagen (SPD) appellierte, »alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die­se Hetzveranstaltung zu verhindern«. Einen entsprechenden Aufruf hat Ende Juni auch der Kölner Rat verabschiedet. »Die Stadt Köln gehört dem Städtebündnis gegen Rassismus an und wird daher nicht tatenlos zusehen, dass Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt diskriminiert und diffamiert werden«, heißt es in der von allen im Rat vertretenen Parteien in seltener Einmütigkeit gegen die Stimmen der »Pro-Köln«-Vertreter beschlossenen Resolution. »Ich werde mich auch quer­stellen«, kündigte OB Schramma seine Teilnahme an den Protesten an.
»Sollte sich die Veranstaltung nicht auf juristischem Wege verhindern lassen, werden wir eine große Gegendemonstration organisieren«, kündigte Uellenberg-van Dawen an. 40 000 Menschen sollen mit Hilfe von Vertretern der katholischen und evangelischen Kirche, der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, der SPD, den Grünen, der »Linken« und zahlreichen weiteren Organisationen zusammen­kommen.
In der ganzen Republik finden derweil In­for­ma­tions­veranstaltungen gegen den »Anti-Is­la­mi­sie­rungskongress« statt. Auch »Aktionstrainings« werden bereits angeboten. Zur Vorbereitung der Proteste sollen darüber hinaus zwei Kongresse dienen – einer der Initiative »Schüler gegen Rechts« und ein zweiter von diversen Antifa-Gruppen.