LeserInnenworld

Jungle World 35/08: »Nie wieder Wetterbericht«
Sauberer Times Square
Wenn Sie das New York der Siebziger und das von heute vergleichen (die Gegend um den Times Square z.B.), dann würden Sie wahrnehmen, dass die »Zero Tolerance/Broken Window–Policy« durchaus praxistauglich ist. Fakten mögen vielen Menschen nicht passen, doch ich möchte sie kennen. Ist Ihnen Geschöntes lieber? Johanna Willmann

Jungle World 35/08: Thema
Kein Problem mit der Voraussage
Drei Artikel über Statistik, dreimal der Kardinalfehler der Technik- und Wissenschaftskritik. Wissenschaft, in diesem Fall Statistik, wird in den Artikeln in unmittelbarer Einheit mit den Zwecken behandelt, zu denen sie angewandt wird. Das ist nicht vollständig falsch. Dennoch geht Wissenschaft nicht in dem auf, wofür gegenwärtige Gesellschaften sie nutzen. Dass Versicherungen Beiträge auf der Basis von Statistiken errechnen, wäre ohne Statistik zwar nicht möglich, wäre aber auch mit Statistik nicht nötig, wenn nicht der Zweck der Veranstaltung das Kapitalwachstum der Versicherungsgesellschaft sein müsste. Nicht die »Voraussage« ist das Problem, sondern das, wozu sie dient.
In der Medizin werden durch die Anwendung von statistischen Methoden Leiden von Menschen bekämpft – und in einer Gesellschaft, in der das Privateigentum an Produktionsmitteln überwunden wäre, könnte die Erhebung von Statistiken über Bevölkerungszahlen, Konsumgewohnheiten und die Produktion von Lebens- und Genussmitteln dazu beitragen, Mängel zu beseitigen, bevor sie überhaupt auftreten. Dass die Fünfjahrespläne der ­Sowjetunion in einem Atemzug mit der Kontrolle kapitalistischen Wirtschaftens genannt werden, von einem, der sich die ganze Zeit über falsche Abstraktion beschwert, muss dementsprechend verwundern. Wenn man die gegenwärtige Gestalt der Statistik nicht von den Zwecken her kritisiert, sondern dafür, dass sie gar keine richtige Wissenschaft sei, wie es Riechelmann und Blömeke auf unterschiedliche Weise versuchen, ist der Kritik zudem jeder emanzipatorische Gehalt schon durch die Form der Argumentation genommen, weil sie einer Gewalt, die sich mittels exakter Wissenschaft vollzieht, nichts mehr entgegenzusetzen hat. Oliver Jelinksi