Deutsche Neonazis und der Kaukasus-Konflikt

Die Achse Berlin-Moskau

Ein Hoch auf die deutsch-russische Freundschaft: Im Kaukasus-Konflikt machen deutsche Neonazis Georgien und die USA als Feinde aus und bekennen ihre Verbundenheit mit Russland.

Eine eindeutige Haltung ließ keine der im Bundestag vertretenen Parteien erkennen: Sie erklärten ihre Solidarität mit Georgien, hielten sich aber auch mit Kritik am Vorgehen des Landes nicht zurück, Russland gegenüber waren diplomatische Beschwichtigungsversuche, aber auch drohende Worte zu vernehmen; und noch dazu bemühten sich alle, der energiepolitischen Brisanz des Konflikts für Deutschland Rechnung zu tragen. Der Standpunkt der deutschen Rechts­extremen ist hingegen eindeutig: Sie zeigen sich fraktionsübergreifend verbunden mit Russland und lehnen die Politik des »Westens« ab.

Die NPD veröffentlichte gleich vier verschiedene Stellungnahmen seit dem Beginn des militärischen Konflikts um die Provinz Südossetien. Das ist erstaunlich, denn ansonsten ist die internationale Politik eigentlich ein Gebiet, zu dem der Par­tei nicht sonderlich viel einfällt. Doch der Kaukasus-Krieg hat der NPD eine Gelegenheit gegeben, die sie nicht verstreichen lassen konnte: Die Partei nutzte den Anlass, um antiamerikanische Pro­paganda zu verbreiten. So warf sie den USA und dem »Westen« allgemein »Heuchelei« vor, was das Völkerrecht, die allgemeinen Menschenrechte und die demokratischen Ideale betrifft. Selbstver­ständ­lich unterlässt es die NPD dabei tunlichst, sich selbst zu den Menschenrechten zu bekennen. Sie verweist nur höhnisch auf vermeintliche Diskrepanzen zwischen der tatsächlichen Politik der USA und ihrer Verbündeten und den von ihnen propagierten Werten und Rechtsvorstellungen.
Der Bundesregierung wird im Zusammenhang mit dieser Amerika-Schelte vorgeworfen, den USA hörig zu sein und somit fremde, nicht deutsche Interessen zu vertreten. Diese Behauptung wird mit der Forderung nach einem Austritt aus der Nato und mit dem Eintreten für »ein Europa der Vaterländer« verbunden. Diesem »abendländischen« Europa, das mit der alten Nachkriegsordnung brechen soll, rechnet die NPD Russland – anders als die Türkei – zu. Und nicht nur das: Die Partei bezeichnet Russland als einen »natürlichen Verbündeten«. Das klingt angesichts des Geschichtsbildes der NPD etwas merkwürdig..

Der georgische Staat, regiert von Präsident Michail Saakaschwili, erscheint in der Darstellung der NPD kaum als eigenständiger, nationaler Akteur. Vielmehr sei der »Brandstifter Saakaschwili« zu einem »Vasallen der USA« geworden. »Die territoriale Neugestaltung des US-amerikanischen Satellitenstaates Georgien« diene nur der »raumfremden Macht USA«, deren Einfluss es zu vermin­dern gelte. Denn eine Stärkung Amerikas schwäche Europa insgesamt.
Die Vorstellungen und die Begrifflichkeiten, auf die die NPD in ihrer Darstellung des Georgien-Konflikts zurückgreift, hat sie vom Kronjuristen des Dritten Reichs entlehnt, von Carl Schmitt. Dieser hatte in seiner Schrift »Völkerrechtliche Groß­raumordnung und Interventionsverbot für raumfremde Mächte. Ein Beitrag zum Reichsbegriff im Völkerrecht« im Jahr 1939 behauptet, dass sich verschiedene Großräume geschichtlich, wirtschaftlich und kulturell herausgebildet hätten. In diesen Großräumen verbiete sich eine Intervention von außen durch »raumfremde Mächte«. Schmitt richtete sich eindeutig gegen die uni­versalistische Ausrichtung des Völkerbundes, die seiner Ansicht nach darauf abzielte, überall auf der Welt Anlässe zur Intervention dieser »Mächte« zu schaffen.
Nicht ganz so hochtrabend wie die angehenden Geopolitiker der NPD, die sich ihre Argumente bei Carl Schmitt beschafft haben, nahm sich die Nationalzeitung des DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey der Lage im Kaukasus an. In dem Blatt, das für eine eher betagte Leserschaft herausgegeben wird, erhielt der russische Rechtsextremist Wladi­mir Schirinowski kurz nach dem Beginn des Kon­flikts die Möglichkeit, seine Sicht der Dinge zu ver­brei­ten. In seinem Gastbeitrag mit dem Titel »Nicht Russland, sondern Präsident Saakaschwili ist Schuld« führt der von der Bildzeitung zum »Russen-Hitler« erklärte Duma-Abgeordnete aus, warum die umkämpften Gebiete eigentlich schon immer russisch waren. Frey und Schirinowski pflegen gute Kontakte, seit der Russe mit seiner Liberal-Demokratischen Partei 1991 in Erscheinung trat.

Beziehungen zu russischen Rechtsextremen bauen aber mittlerweile auch andere auf. So gab der NPD-Barde Frank Rennicke schon im Jahr 2005 ein Konzert in Moskau vor russischen Kameraden. Rennicke gratulierte seinen Zuhörern während des Auftritts dazu, dass in Moskau nicht so viele Fremde auf den Straßen zu sehen seien.
Eine »Achse Berlin-Moskau« strebt auch der schwedische Rechtsextremist Patrik Brinkmann an. Er ist Gründer und Förderer der »Stiftung Kontinent Europa« und unterhält gute Verbindungen zur NPD. Brinkmann wünscht sich ein starkes, souveränes Europa »für Menschen, die ein Herz für Volkstum« haben, anstelle des »gleichmacherischen Liberalismus«, wie er 2007 in einem Interview mit der Theoriezeitschrift Elemente ausführte, die das rechtsextreme »Thule Seminar« herausgibt. Diesem Europa gehöre selbstverständlich auch Russland an.
Die »Stiftung Kontinent Europa« lud im August gemeinsam mit der NPD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zu einer Veranstaltung mit dem Titel: »Deutschland und Russland – Fundamente für ein Europa der Zukunft«. Ein ähnliches Treffen hatte es bereits im Jahr 2007 in den Räumen der russischen Schriftstellervereinigung in Moskau gegeben, wie das Internetportal Redok berichtete, das über Rechts­ex­tre­mis­mus, Rassismus und Antisemitismus informiert.
In Moskau soll es nach Angaben von Redok unter den angereisten Rechtsextremen allerdings zum Streit über die Frage gekommen sein, ob die »europäischen Nationen mit dem Staat Israel als möglichem Verbündeten in einer anti-islamischen Front« zusammenarbeiten sollten.
Brinkmann könnte für die NPD aber nicht nur als außenpolitischer Ideengeber im Bezug auf das Verhältnis zu Russland von Interesse sein. Er ist überaus reich. Vor kurzem erwarb er für drei Millionen Euro eine Villa im Berliner Nobelbezirk Zehlendorf. Auch der NPD-Vorsitzende Udo Voigt soll dort schon zu Gast gewesen sein. Nach Einschätzung von Markus Ragusch, einem Redakteur des Antifaschistischen Infoblattes, sucht die NPD bei Brinkmann nicht nur Inspirationen für ihre Russlandpolitik. Seiner Ansicht nach geht es der Partei weniger um die Ideologiebildung und den Aufbau neuer Strukturen als vielmehr um die Nähe zu dem wohlhabenden Stiftungsgründer und seinem Geld.