Wie übersteht man die Krise? Ratschläge von unseren Experten

Kannibalismus kommt später

Welche Auswirkungen hat die Finanzkrise auf Ihren Geldbeutel? Wie können Sie Verluste vermeiden? Unsere Experten geben Ihnen krisenfeste Ratschläge, die Sie noch nirgendwo gelesen haben.

Kauft Tulpen!
Im Anfang war die Tulpe. Im Jahr 1630 kostete eine Tulpenzwiebel in Amsterdam einen Gulden, 1 637 musste man dafür 10 000 Gulden oder sechs Wagenladungen Getreide, vier Ochsen, acht Mastschweine, zwölf Schafe, zwei Fass Wein, vier Fass Bier, je 500 Kilogramm Butter und Käse, ein Bett und einen silbernen Becher bezahlen. Dann brach der Tulpenmarkt zusammen.
Viel mehr müssen Sie über die Börse eigentlich nicht wissen. Die Marktschreier nennt man heutzutage Analysten, doch ob Tulpen oder subprime loans, der Kapitalismus wurde nun einmal nicht erfunden, um Sie reich zu machen. Kaufen Sie lieber Dinge, die einen Gebrauchswert haben. Acht Mastschweine passen nicht in Ihre Woh­nung? Wie wäre es dann mit einigen Fässern Bier und ein paar silbernen Bechern? Da werden Ihre Kumpels staunen, wenn Sie beim nächsten Gelage einen ausgeben und silberne Becher statt Maternus-Plastikflaschen verteilen. Schon haben Sie mehr Status gewonnen als der CEO von Merrill Lynch, und mehr Spaß haben Sie auch noch. Oder kaufen Sie etwas, um einem lieben Mitmenschen eine Freude zu machen. Ein paar Tulpen zum Beispiel.
Jörn Schulz

Rippenspeck
In einer Finanzkrise, die die Welt ins allerdunkelste Unglück stürzt, gilt grundsätzlich: Das Ersparte ist in Gefahr. Drum merke: Am besten hat man nichts gespart! Sollte dies aber doch der Fall sein, kommt es darauf an, Verluste zu verringern. Und das kann man, indem man möglichst viel auf den Kopf haut. Denn merke: Je weniger vorhanden ist, desto weniger kann verlustig gehen.
Wer dennoch meint, sparen zu müssen, sollte in Luxusgüter investieren. Und hier ist eine Anlageform besonders interessant: Speck auf den Rip­pen. Denn auch wenn der Leidensdruck in einer Finanzkrise groß ist, menschlicher Bauchspeck ist selbst bei progredierender Armut erstmal nur für den Eigentümer interessant. Kanniba­lismus kommt später. Wer sich eine dicke Wam­pe anfrisst, hat erstens sofort was von seinem Geld, bevor es wertlos wird. Und zweitens gibt es – anders als bei ähnlich sinnvollen Dingen (Suzuki Hayabusa, ein Tag mit Beyoncé Knowles, Teilchenbeschleuniger) – grundsätzlich keine Wertverschiebungen bzw. -instabilität: ein Kilo Fett entspricht immer 7 000 Kalorien. Sowohl an der Wall Street wie in Pjöngjang. Guten Appetit.
Jürgen Kiontke

Prosit statt Profit
Was tut man nicht alles für die Stabilisierung des Geldkreises. Mein Kapital wird nicht zurückgehal­ten, so wie es oft in Zeiten der Krise geschieht. Noch meinen letzten Cent gebe ich der Wirtschaft. Mit meiner Stütze versuche ich, Wirten und Wirtinnen unter die Arme zu greifen in dem Maß, wie es mir Budget und Leber erlauben. Zu meinem Bedauern landete die Fehlüberweisung von mehr als 300 Millionen Euro der KfW, der »dümmsten Bank Deutschlands«, nicht auf meinem Konto, sondern bei Lehman Bro­thers. Zu gerne hätte ich dieses Missgeschick zur Erweiterung meines Engagements genutzt. Schließlich investiere ich ja nicht nur in flüssige Mittel, sondern auch in gewissem Sinne in Wertpapiere, d. h. in Bücher.
Die Erfahrung hat mich gelehrt, bei diesen Investitionen nicht auf kompetente Beratung zu verzichten. Man möchte ja ungern zum falschen Getränk oder zu einem minderwertigen Buch greifen und sich die physische und psychische Gesundheit ruinieren. Also machen Sie sich auf die Suche nach Lokalen und Buchhandlungen, die Ihr Vertrauen als Investor oder Investorin genießen und Sie werden es nicht bereuen.
Uta Zimmermann

Brotbarren bis zum Stuck
Die Finanzkrise tobt allerorten, das Geld ist ja praktisch vielleicht schon bald nichts mehr wert, auf Bankkonten und in Finanzanlagen schon mal gar nicht. Also: Verkaufen, verkaufen, verkaufen, weg mit den ganzen fondsgebundenen Obliga­tionen, raus aus den genossenschaftlichen Holdings, Schluss mit den tagesgeldgebundenen Bundesanleihen!
Aber wohin dann mit dem ganzen Zaster? Hüten Sie sich vor unseriösen »Experten«. Wenn die Ahnung hätten, glauben Sie wirklich, die würden ihre Zeit damit vergeuden, Leserinnen der Freundin, Zuhörern von Radio 1 oder Zuschau­ern von »RTL explosiv« oder »Wiso« Top-Tipps zu geben und damit ihre eigenen Gewinnchancen zu schmälern?
Jetzt zahlt es sich aus, wenn man in den vergan­genen Monaten gut aufgepasst hat! Genau: Lebensmittel! Überall auf der Welt steigen die Lebens­mittelpreise. Auf zu Lidl, Einkaufswagen schnappen, voll machen. Richtig voll! Vor allem die Getreidepreise steigen. Kaufen Sie also Mehl, Mehl und nochmals Mehl. Und Brot natürlich. Nehmen Sie am besten holländisches Brot, Fabrik-Weißbrot oder diese komischen Burgerbrötchen, die können Sie optimal komprimieren. Lagern Sie Brotbarren bis zum Stuck. Und Bier nicht vergessen! Heute noch flüssiges Getreide – morgen schon flüssiges Gold! So können Sie gelassen wei­tere Katastrophenmeldungen von der Börse verfolgen. Und wenn Sie dann noch ganz auf Nummer sicher gehen wollen: Schließen Sie immer gut Ihr Fahrrad ab! Dann kann praktisch gar nichts mehr passieren.
Heiko Werning