Nicht nur die Amtszeit von George W. Bush geht zu Ende, auch das Anti-Bush-Merchandising ist ein Auslaufmodell

Massenmörderschlussverkauf

Ein Wirtschaftszweig befindet sich im Umbruch. Wie bereiten sich Läden, die T-Shirts, Buttons und Plakate gegen George W. Bush verkaufen, auf das Ende seiner Amtszeit vor?

George W. Bush wird nicht nur als der Mann in die Geschichte eingehen, der ganz oben in der Liste steht, wenn man bei Google nach »miserable failure« sucht. Er wird zweifellos auch als der US-Präsident im Gedächtnis bleiben, der die Merchan­dising-Industrie stärker angekurbelt hat als jeder andere vor ihm. Eine Vielzahl an Anti-Bush-Artikeln hat in den USA, hierzulande und in aller Welt regen Absatz gefunden.
Doch Anfang November wählen die USA einen neuen Präsidenten, und am 20. Januar 2009 endet die zweite Amtszeit von Bush. Bereits bei seinem letzten Besuch in Deutschland wurde er kaum noch beachtet. Wie steht es um das Ge­schäfts­klima in diesem Wirtschaftszweig?

Noch sind sie nicht ganz aus den Läden verschwun­den, die Poster, T-Shirts und Buttons mit Bushs Konterfei. Im Wesentlichen gibt es zwei Varianten: Da ist zum einen Bush, der Idiot, mit dem debilen Lächeln, begleitet von humorigen Textzeilen wie »Somewhere in Texas a village is missing its idiot« oder »My daddy bought me an election and all I got was this lousy war«. Beliebt sind die Darstellung von Bush als Affe (mit Bananen in den Ohren) und natürlich die berühmten »Bushisms«, die schönsten sprachlichen Fehlleistungen des »mäch­tigs­ten Mannes der Welt«. Darunter finden sich hübsche Stilblüten wie »I stand by all the misstate­ments I’ve made«, putzige Sätze wie »This foreign policy stuff is a little frustrating« oder einfach Nonsens: »If we don’t succeed, we run the risk of failure.«
Die zweite Kategorie zeigt Bush mit ernstem, entschlossenem Gesichtsausdruck. Die Botschaft lautet dann »International Terrorist« oder »Bush lied, thousands died«. Sehr beliebt sind Darstellun­gen von Bush wahlweise als Hitler, Teufel oder bärtiger Islamist. Einen Boom haben zuletzt noch einmal die Countdown-Uhren ausgelöst, die die verbleibenden Tage von George W. Bush im Präsidentenamt herunterzählen.
Der internationale Print-on-demand-Versand »Shirtcity« hat zurzeit noch 14 verschiedene Anti-Bush-Motive zur Auswahl. Sie sollen auch über das Ende der Amtszeit hinaus im Programm blei­ben, sagt der deutsche Pressesprecher, Henning Lisson, »ergänzt durch ein paar Obama- und McCain-Motive«. Auf dem deutschen Markt hätten Botschaften pro Obama und contra McCain die besten Chancen, schätzt er, »natürlich immer mit ein wenig Ironie«. Dafür eigne sich Obamas Motto »Change« ebenso wie das fortgeschrittene Alter John McCains.
Überhaupt gebe es nationale Unterschiede. In Deutschland verkaufe sich »das klassische Bush-Bashing« sehr gut, während in Frankreich stärker die eigene Regierung das Ziel sei, erklärt Lisson. Auch europäische Politiker hat »Shirt­city« im Angebot – zum Beispiel Angela Merkel als Wiedergängerin Che Guevaras mit der Unterzeile »Revolution«. Ist das noch Ironie oder ist das schon Dadaismus? Diese Frage stellt sich auch beim Best­seller im Sortiment, ebenfalls eine Variation des Che-Guevara-Motivs: Carlo Pedersoli, besser bekannt als Bud Spencer, italienischer Schauspieler und Unterstützer Berlusconis.

Die meisten Berliner T-Shirt-Läden sind auf den bevorstehenden Machtwechsel vorbereitet. »Wicked Print« in Friedrichshain hat keine Anti-Bush-T-Shirts mehr im Angebot. Sie würden zwar »immer noch gehen«, ist sich der junge Verkäufer sicher, »aber nach drei Jahren braucht man mal was Neues«. Er ist zuversichtlich, dass auch Obama oder McCain gute Motive abgeben könnten. Konkret denkt er etwa an den Slogan: »Same shit, new face« – die Politik der USA sei so festgefahren, da sei eigentlich egal, wer regiert.
Das sieht man im Punkladen »Puke Music« um die Ecke etwas anders. Hier sind noch Restbestände von Anti-Bush-T-Shirts vorhanden, aber im Laden hängen sie nicht mehr aus. »Wir lassen dit auslaufen, wird ja langsam ooch albern, wa?« meint der freundliche Punk mit Campino-Frisur. Die Anti-Bush-Artikel durch Fan­artikel für Obama zu ersetzen, kann er sich nicht vorstellen: »Nee, dit war ja politisch motiviert. Der Bush sieht ja vielleicht niedlich aus, aber dit is ja ’n Massenmörder, muss man ja so sagen.« Folge­richtig ziert die noch übrigen T-Shirts neben ­Bushs Konterfei ein Text im Jargon der »Sendung mit der Maus«: »Das ist Herr Bush. Sieht eigentlich ganz nett aus, ist er aber nicht … ist ein Massenmörder.«

»Massenmörder« scheint eine beliebte Bezeichnung für Bush zu sein. In der »Underground­boutique« Sub-Depot sind die T-Shirts beinahe ausverkauft. Ein letztes habe er neulich noch im Lager gefunden, erzählt der junge Inhaber. Was für eines das war? »Na, das Massenmörder.« Ach so, das. Warum es eigentlich keine T-Shirts von anderen Massenmördern gebe? »Gute Frage«, sagt er grübelnd. »Ich sag’ mal, die polarisieren nicht so.« Auf die Frage, ob er sich ein T-Shirt gegen Saddam Hussein hätte vorstellen können, scherzt er vielsagend: »Ich hatte da mal die Idee mit ’nem Aufdruck ›Mein Freund ist Ausländer‹.« Mit Hussein sei das so eine Sache, fügt er hinzu, man wisse eben nicht, was wirklich passiert sei. Zum Schluss betont er nochmal, Saddam Hussein zwar nicht zu mögen, aber auch nichts gegen ihn zu haben. Das letzte Anti-Bush-T-Shirt dagegen würde er »zur Not selber anziehen«.
Im Ladencafé »coop.tv« in Berlin-Mitte sitzen fünf Männer am Tresen und unterhalten sich angeregt über Politik. Auf den zahllosen linken Plaka­ten und Broschüren finden sich viele Anti-Bush-Motive. Die Frage an den Inhaber, was er damit nach dem 20. Januar machen werde, beantwortet er etwas mürrisch: »Dann sind es eben Antiquitä­ten.« Dann empört man sich ein wenig über die Jungle World und die Berichterstattung zum Irak-Krieg. Auch über die US-Präsidentschaftskandida­tin der Green Party, Cynthia McKinney, sei in der Jungle World kein Wort zu lesen gewesen, obwohl die sogar schwarz und weiblich sei – das sei doch seltsam für eine linke Zeitung. Oft kämen amerikanische Touristen vorbei, erzählt der Ladeninhaber, die sehr froh seien, dass es in Deutschland wenigstens vereinzelt Leute gäbe, die die US-Linken unterstützten, und nicht nur antideutsche Kriegsbefürworter. Zum Abschied drückt er mir noch eine Postkarte mit einem Protestaufruf in die Hand: »www.krieg-ist-illegal.org«.