Quiz-Folter

Zu den Sendungen, die man nicht einmal dann einschalten würde, wenn gerade alle anderen Stationen zufällig durch einen Herbststurm abgeschaltet worden wären, gehört »Sag die Wahrheit« auf RTL 2. Das Prinzip der Show besteht darin, Menschen mit der Aussicht auf einen fünfstelligen Geldbetrag und mit Hilfe eines Lügendetektors ihre dunkelsten Geheimnisse zu entlocken. Und so etwas will man keinesfalls sehen. Eigentlich. Aber dann passierte es doch, und das kam so: In den Ankündigungstrailern saß ein junger Mann in der Sendung herum und guckte unglücklich. Der junge Mann, dessen Styling und Outfit, sagen wir: nationalbewusst wirkte, wurde von Mutter und ebenfalls einschlägig gewandetem Freund angeschrien, auf der Stelle Schluss mit dem Ausgefragtwerden zu machen, mit Rücksicht auf seine Freundin, die ebenfalls sehr unglücklich aussah.
Der Grund für die Aufregung? Vielleicht die vom Moderator gestellte Frage, ob der Proband jemals Sex mit dem Bruder seiner Freundin gehabt habe. Die Sendung übertraf dann alle Er­wartungen: Der junge Mann, Vater zweier Kinder und ehemaliger Zeitsoldat, wurde zunächst von seiner Mutter gerettet. Die hatte auf die Frage, ob er lüge, wenn er seiner Lebensgefährtin sage, dass er sie liebe, den Joker gesetzt, der vor dem Antworten bewahrt. Das war interessant, wenn auch vielleicht nicht so sehr für die Freundin, die, wie schon bereits im Trailer zu sehen, wirklich sehr unglücklich dreinschaute.
Was sich ändern sollte, denn nun kam die Sex-mit-dem-Bruder-Frage. Und nun guckten alle Beteiligten ausgesprochen unglücklich, wenn sie den Befragten nicht gerade sehr lautstark anschrien. Der war aber unbeeindruckt und antwortetete, wahrheitsgemäß, wie der Lügendetektor feststellte, mit »Ja!«, gewann ein paar tau­send Euro und beendete dann das Spiel. Schade eigentlich …