Kostenloser Internetzugang

Digital Divided

Während die Boheme digital ist, lebt das Prekariat offline. Über einen Internet-Zugang zu verfügen, ist in den westlichen Gesellschaften ein absoluter Standard geworden, den sich allerdings viele Er­werbs­lose und Geringverdiener gar nicht leisten können. Public Access Centers sollen helfen, den digitalen Graben zu verkleinern.

In Berlin heißen sie Computerias, Internetcafés für Leute, die sich die komfortablen Highscreen-Notebooks und DSL-Pakete einfach nicht leisten können. Obwohl genau sie diese Technologien so dringend bräuchten. »Der Druck auf die Erwerbslosen, online auf Jobsuche zu gehen, ist gewachsen«, sagt Projektleiter Siegfried Zimmer­mann bei der Eröffnung der vierten Berliner Computeria, die mit Unterstützung von Jobcenter und Bezirk in Schöneberg-Tempelhof geschaffen wurde und acht Computerarbeitsplätze zur Verfügung stellt. Eine nüchtern-korrekte Arbeitsatmosphäre, keine Cyber-Café-Atmo. Die Betreuung von Publikum und Technik übernehmen entweder ehrenamtliche Helfer oder Mitarbeiter auf öffentlich geförderten Stellen. Ausweisen müssen sich die potenziellen Nutzer mittels Sozialticket oder anderen Belegen über den Bezug von Grundsicherung.
Die Zahl der Nutzer steigt. Monatlich waren es im vergangenen Jahr rund 800 User, vor allem in der Altersgruppe von 28 bis 55, die sich durch­schnittlich 1,5 Stunden vor die Rechner in einer der drei Filialen setzten, um nach Stellen zu surfen, Online-Bewerbungen zu verschicken oder sich überhaupt erstmal im Netz zu orientieren.
Der Bedarf an der Gratis-Nutzung des Internets dürfte noch größer sein, allerdings hat sich die Existenz der Center weder in der Öffentlichkeit noch bei der Gruppe der so genannten information-have-nots bislang genügend herumgesprochen. Dabei will man auch Erwerbslose, die geringe oder keinerlei PC-Erfahrungen haben und sich vom loungigen Ambiente in kommerziellen Internetcafés eher eingeschüchtert fühlen, ansprechen und anleiten. »Wir richten zum Beispiel gemeinsam die erste E-Mail-Adresse ein«, sagt Gerard Freimann, Teamchef der neuen Schöneberger Computeria, und erzählt, dass nicht wenige Neu-Anwender erstaunt sind, dass dies kostenlos ist. Ein Lifestyle-Problem ist das eher nicht. Die Unesco fasste es drastisch: Das Fehlen eines Zugangs zum Internet sowie den unsicheren Umgang mit dem Computer definierte sie als »partiellen Analpha­betismus«.