Elektroschockwaffen für die französische Polizei

Wie damals in Algerien

Die Einführung von Elektroschockwaffen sorgt in Frankreich für Proteste. Ein Gericht befand kürzlich, dass die Taserpistole als Folterinstrument bezeichnet werden darf.

Schlechte Zeiten für die französische Firma SMP Technologies, die den Taser nach Frankreich importiert. Bei dem Gerät, das in den USA und Kanada seit Jahren im Einsatz ist, handelt es sich um eine Elektroschockpistole. Durch einen Schuss aus dieser Waffe werden dem Getroffenen zwei Dornen aus Metall eingepflanzt, die ihm Stromstöße in einer Stärke von 50 000 Volt versetzen. Menschenrechtsorganisationen bezeichnen die körperlichen Wirkungen als grausam und potenziell gefährlich, ja tödlich. Ursprünglich hätte die französische Importfirma ja Grund zur Freude gehabt: Nach der nationalen Polizei und der Gendarmerie dürfen in Frankreich nach einem Re­gierungsdekret vom September dieses Jahres die Kommunalpolizeien mit der als »non letal« (nicht tödlich) geltenden Waffe ausgerüstet werden. 4 000 Elektroschockpistolen wurden bisher für französische Behörden geordert. Doch nun muss die Firma, die für die Verbreitung der Waffe auf französischem Boden verantwortlich ist, in der Öffentlichkeit scharfe Kritik hinnehmen.
SMP Technologies hatte in jüngster Vergangenheit mehrere Prozesse gegen Kritiker dieser Waffe angestrengt, wegen Diffamierung und »Verleumdung«. Der erste Prozess ging am Montag vergangener Woche zu Ende mit einem Freispruch für die Menschenrechtsvereinigung Raid-H. Sie hatte auf Flugblättern den Taser mit der gégène verglichen hatte, einem altmodischen Foltergerät, das mit einem Dynamo betrieben wird und dem Opfer Stromschläge versetzt. Es wurde im französischen Kolonialkrieg in Algerien zwischen 1954 und 1962 massenhaft von der Armee eingesetzt. Auf einem Flugblatt vom April 2007 hatte die Vereinigung ferner in einer Zeichnung den Taser zusammen mit dem Schatten eines toten Mannes gezeigt. Das Pariser Gericht befand nun, es handele sich um keine Verleumdung, sondern um eine zulässige Nutzung der Meinungs- und Redefreiheit »im Rahmen einer öffentlichen Debatte um die Gefährlichkeit dieser Waffe«.

Am 20. Oktober fand die Verhandlung gegen den früheren Präsidentschaftskandidaten der radikalen Linken und jungen Postgewerkschafter Olivier Besancenot statt. Er war von SMP Technologies angezeigt und daraufhin unter Anklage gestellt worden, weil er behauptet hatte, der Taser sei in Nordamerika für den Tod von möglicherweise über 150 Menschen verantwortlich. Die Firma wollte ihn deshalb wegen »Produktverleumdung« schuldig sprechen lassen. Besancenot konnte jedoch aus Berichten von Amnesty international über die USA und Kanada, aus denen die Zahl stammt, zitieren. Das Urteil wird für den 24. November erwartet.
Indessen wurden vor kaum 14 Tagen neun Personen vorläufig festgenommen, gegen mehrere von ihnen wurde ein Strafverfahren eröffnet, weil sie Besancenot mitsamt Lebensgefährtin und kleinem Kind widerrechtlich beschattet hatten. Dabei waren auch seine Bankkontodaten illegal überprüft worden. Unter den Verantwortlichen für diese Operation, die dazu dienen sollte, Material zur Diffamierung des linken Politikers zu finden, sind zwei Funktionäre einer »Freund­schafts­gesellschaft pensionierter Offiziere der Kri­minalpolizei« unter dem Namen »Per­spektive 21«, die dazu dient, ehemaligen Polizisten den be­ruflichen Übertritt in private Spitzel­agenturen und Privatdetektiv-Agenturen zu ermöglichen. Die­se »Freundschaftsgesellschaft« ist wiederum personell mit der konservativen Regierungspartei UMP im Département von Nanterre verwoben. Ein Straf­verfahren wurde in diesem Zusammenhang aber auch gegen den Chef der Firma SMP Techno­logies, Antoine di Zazzo, eröffnet. Bei ihm waren die Bespitzelungsrapports aufgefunden worden.