Mysteriöser Absturz

­Ein Anschlag der Drogenmafia? Oder doch ein ganz gewöhnlicher Unfall? Seit am Dienstag vergangener Woche ein Kleinflugzeug auf eine der wichtigsten Verkehrsadern von Mexiko-Stadt gestürzt ist, spekuliert die mexikanische Öffentlichkeit über die Ursache des Unglücks. Und das mit gutem Grund: In dem Flieger saßen Innenminister Juan Camilo Mouriño sowie José Luis Santiago Vasconcelos, der bis vor wenigen Monaten die Abteilung Organisierte Kriminalität der Generalstaatsanwaltschaft leitete. Beide kamen bei dem Absturz ums Leben. Vasconcelos führte Ermittlungen gegen Mexikos Drogenbosse, Mouriño war an oberster Stelle zuständig für den Krieg, den Präsident Felipe Calderón den Drogenkartellen des Landes erklärt hat.
Seit seinem Amtsantritt im Dezember 2006 geht der konservative Staatschef mit militärischen Mitteln gegen die Capos und ihre Netzwerke vor. 36 000 Soldaten und Polizisten sind im Einsatz, doch das Ergebnis ist fragwürdig. Allein in diesem Jahr sind über 4 300 Menschen dem Drogenkrieg zum Opfer gefallen, zugleich haben die Kartelle ihre Macht auf große Teile des Landes ausgedehnt. In zahlreichen Bundesstaaten regieren die Capos de facto mit, sie kontrollieren Teile des Polizei- und Justizapparats, finanzieren Politiker und schaffen mit ihren Killertrupps blutige Fakten. Es ist nicht zu erwarten, dass die Ursache des Absturzes aufgeklärt wird. Die Selbstverständlichkeit jedoch, mit der viele von einem Anschlag ausgehen, wie auch das Bemühen Calde­róns, diesen Verdacht auszuschließen, machen eines deutlich: Man traut den Capos inzwischen zu, den Staat in seinem Herzen zu treffen. Mexiko könnte bald also auch auf Bundesebene sein, was es in einigen Regionen längst ist: ein failed state.   wdv