Deutsche Rechtsextreme und die Wirtschaftskrise

Wenn Finanzhaie die Zahlesel fressen

Wie widmen sich deutsche Rechtsextreme der Wirtschaftskrise?

Die DVU-Postille Nationalzeitung titelt: »Welt­wirtschaftskrise: Deutschlands Untergang?« Auf der Website der NPD heißt es: »Stoppt die Finanzhaie – Schützt die Sparer!« Auf der rechten Internetplattform »Altermedia« empfiehlt ein Nutzer zur Verhinderung der »Weltherrschaft des Finanz­kapitals« ein Bündnis aller »Volksgenossen«, und sogar die »verbildeten, umerzogenen Linken« sollen nach dem Willen des Schreibers dabei sein: »Die wollen überzeugt werden!«
Das dürfte den meisten Kameraden wohl zu weit gehen. Aber die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise treibt die extreme Rechte sichtlich um. Die DVU und die Republikaner widmen sich dem Thema, vor allem die NPD tut sich hervor.
Die Partei rief anlässlich der Finanzkrise am Samstag zu einem bundesweiten Aktionstag auf. Sie verlautbarte im eigens abgefassten Flugblatt »Kapitalismus und Globalisierung stoppen – Ban­ken verstaatlichen«, die bürgerlichen Parteien hätten den »Bürgern jahrzehntelang eingeredet, dass es keine Alternative zum liberal-kapitalis­tischen System der Globalisierung gibt«.

In dem Flugblatt heißt es weiter: »Was wir durch harte Arbeit Tag für Tag verdienen und ansparen, das wird von den Banken verspekuliert.« Zur Wiederherstellung »nationaler Währungshoheit« verlangt die Partei die Wiedereinführung der D-Mark (»Wir wollen unser Geld zurück!«). Auch die Konkurrenz wird geschmäht: Die Linkspartei sei ein »politischer Etikettenschwindel zur Wähler­täuschung«, der verhindern solle, dass »eine nationale Partei wirkliche Kontrolle in diesem Staat ausübt«.
Des weiteren bemängelt die NPD den Finanzmarktstabilisierungsfonds bzw. die staatliche Unterstützung von Kreditinstituten mit der populistischen Begründung, dass »die Bundesregierung eine Erhöhung des Regelsatzes für Hartz IV-Empfänger trotz hoher Inflations­raten weiter strikt ablehnt, im Bundestag um jede einzelne Mil­lion bei der Kinderbetreuung gerungen wird und Millionen von Pendlern nach der Streichung der Pendlerpauschale nicht mehr wissen, wie sie ihre Spritkosten bezahlen sollen«.
Doch die NPD weiß, wie Abhilfe geschaffen werden könnte: Neben der »Verstaatlichung der Banken« fordert sie, dass Deutschland zu einem »nationalen Geld- und Kapitalkreislauf zurückkehren« müsse. Dazu gehöre unter anderem, die »Zocker-Institute in die Insolvenz gehen zu lassen« und »Managergehälter […] nach oben« zu begrenzen. Außerdem sollten »einkommensschwache Personen […] auch in der Krise mit erschwinglichen Nahrungsmitteln und Energie versorgt werden«.
Der NPD-Vorsitzende Udo Voigt tönt, dass es »Zeit für einen Systemwechsel« sei – denn »so­zial geht nur national, und die Wirtschaft darf sich nicht selbst überlassen werden, sondern hat dem Volke zu dienen, wie es in unserem Programm steht«. Er schlägt daher vor, das Schengener Abkommen aufzukündigen: »Kontrollieren wir wieder an unseren Grenzen die Waren und Menschenströme!« Die Parteizeitung Deutsche Stim­me bringt es auf die altbekannte Formel: »Da­her ist es nun an der Zeit, einen sofortigen Zuwanderungsstopp zu verhängen«, um den »Schutz der Arbeitsplätze für deutsche Arbeit­nehmer« zu gewährleisten. Deutschland soll zur »raum­orien­tierten Volkswirtschaft« zurückkehren.
Die ganze Sorge der Partei gilt dem »kleinen Mann« bzw. »deutschen Steuerzahler«, der als »Zahl­esel« die Kosten der Krise auf sich nehmen bzw. »die Zeche zahlen« müsse. Die Nationalzeitung, die vom DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey he­rausgegeben wird, beklagt das »Unheil der sys­tematischen Verarmung des deutschen Volkes«. Das Blatt kommt zu dem Schluss: »Staaten und Steuerzahler sollen den Kapitalismus retten. Dabei werden Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert.« Alles geschehe zum Schaden des »klei­nen Mannes«, der durch »Unfähigkeit, Maßlosigkeit und Geldgier« über alle Maßen »geschröpft« werde.

Die Schuldigen haben die Rechtsextremen schon ausgemacht. Ronny Zasowk, NPD-Stadtverord­neter in Cottbus, sagt es auf der NPD-Website im üblichen Parteijargon deutlich: »Die Manager und raffgierigen Vertreter des internationalen Finanzkapitals sind ihnen einiges schuldig, haben doch die etablierten Polit-Verbrecher erst die allumfassende Herrschaft des Großkapitals ermöglicht.« Zasowk kommt zu dem Schluss, dass »Kapitalismus in seiner Endkonsequenz Völkermord bedeutet«. Schuld an der Finanzkrise sind der NPD und ihrer Deutung der Welt zufolge »Finanzhaie«, »gierige Bankmanager« und »abgebrühte Wertpapier-Zocker«, das »globalistische Teufelssystem«, die »Spielkasinos der internationalen Hochfinanz« und exemplarisch die »US-Heuschrecke Lone Star«.
So stellt die Partei fest: »Die arbeitenden Massen werden nicht mehr als kulturtragende und -schaf­fende Gemeinschaften betrachtet, sondern lediglich als Arbeitsnomaden, die die Zinseszins-Gewin­ne und Renditen der Superreichen erwirtschaften.« Diese hinlänglich bekannte Trennung von »raffendem« und »schaffendem« Kapital kommt in zahlreichen Formulierungen zum Ausdruck und wird auch von anderen geteilt. Der stellvertre­tende Vorsitzende der DVU, Bruno Wetzel, drückt sich folgendermaßen aus: »Geld kann zu einer Raff­gier führen, die zur Krankheit ausartet.«
Die Macher der Website »Media pro Patria«, die dem Spektrum der »Autonomen Nationalisten« zuzuordnen ist, haben sich ebenfalls des Themas angenommen, u.a. in Videoclips wie »Die Dollarhegemonie« oder »Mahngang des Gewissens«, und kommen zu ähnlichen Einsichten hin­sichtlich des »weltweit agierenden Finanzkapitals«. Nach Ansicht der Kameraden bleibt da nur eines: »Steh’ endlich auf gegen dieses System, das das Elend unseres Volkes verwaltet!«

So variieren die Veröffentlichungen lediglich die Bausteine des völkischen, nationalistischen Antikapitalismus: Fleißig arbeitende Deutsche werden vom politischen System, bösen Managern und »den raffgierigen Vertretern des internationalen Finanzkapitals« in eine Krise gestürzt, die das nationale Wohlergehen gefährdet und deren Kosten »der kleine Mann« zu tragen hat. Da hilft allein die »Volksgemeinschaft«. Es sei denn, sie geht vorher bankrott. Zumindest bei »Altermedia« scheint das der Fall zu sein. Wie die Macher schreiben, ist ihr Rechner derzeit defekt, für einen neuen fehlt ihnen das Geld. Eine Finanzkrise kann also auch gute Seiten haben.