Skandal in Großbritannien um die rechtsextreme BNP

Nicht nur für Boneheads

In Großbritannien wurde eine Liste mit den Namen und Adressen von Mitgliedern der rechtsextremen British National Party veröffentlicht. Unter ihnen sind auch »ganz normale Leute«.

Britische Antifaschisten hatten in der vergangenen Woche allen Grund zur Freude. Die Internetseite Wikileaks veröffentlichte Montagnacht eine Liste mit Namen, Adressen, Telefonnummern, Berufen sowie Hobbys und Interessen von 12 801 Mitgliedern und Sympathisanten der rechtsex­tremen British National Party (BNP). Darunter befinden sich die Namen von Polizisten, Vollzugsbeamten, Lehrern, Soldaten und Priestern. Aufsehen erregten die Mitgliedschaften eines ehemaligen Parlamentskandidaten der britischen Grünen und eines Dieners der Queen.
Nick Griffin, der Parteivorsitzende der BNP, behauptete in einem Radiointerview mit der BBC, er kenne den Verantwortlichen. Es handele sich dabei um ein ehemaliges Führungsmitglied der Partei, »um einen Hardliner, der die BNP vergangenes Jahr verlassen hat, weil er mit der neuen Linie nicht einverstanden war, und die Liste mitgenommen hat«.
Die Veröffentlichung der bisher streng geheim gehaltenen Mitgliedsdaten wird für einige der geouteten Leute ernsthafte Konsequenzen haben. Für Polizisten und Vollzugsbeamte ist die Mitgliedschaft in der BNP nämlich seit 2004 verboten, einige könnten ihren Job verlieren. Für Offiziere der Armee sowie für Lehrer ist die Mitgliedschaft in der BNP nicht explizit verboten. Für sie besteht insofern kein legaler Kündigungsgrund. In der öffentlichen Debatte wird allerdings heftig darüber diskutiert, ob ein Verbot auch für diese Berufe angemessen sei.

Nicht nur die entlarvten Menschen haben auf die Veröffentlichung ihrer persönlichen Daten empört reagiert. Viele der Betroffenen scheinen übrigens weniger mit dem Umgang der BNP mit persönlichen Daten ein Problem zu haben als vielmehr mit dem Bekanntwerden ihrer politischen Überzeugung in der Öffentlichkeit. Auch die Führung der BNP zeigte sich geschockt über den Vorfall und versuchte, sich zum Opfer zu stilisieren. Der Parteisprecher Simon Darby bezeichnete die Tat als einen »böswilligen und hinterhältigen Versuch, die BNP zu destabilisieren« – vor den Wahlen zum Europa-Parlament im kommenden Jahr.
Die BNP wurde 1980 als eine Nachfolge-Organisation der National Front (NF) gegründet. Die NF war offen rassistisch und neofaschistisch, eine Ideologie, die auch die BNP im Wesentlichen behalten hat. Griffin, der 1997 in einem Pamphlet zu belegen versuchte, wie »die Juden« britische Medien beeinflussen, und öfter mit seinen rassistischen Äußerungen für Aufsehen sorgte, hat allerdings seit einigen Jahren einen neuen Kurs eingeschlagen. Er will der BNP das Image einer normalen Partei verschaffen.
Die BNP hat nach wiederholten Wahlerfolgen nun 50 kommunale Mandate, eines davon im Londoner Parlament. Die Unterstützung für die BNP ist traditionell besonders stark in der so genannten weißen Arbeiterklasse. Angesichts der bevorstehenden Rezession werden weitere Erfolge der BNP erwartet, insbesondere bei den Europa-Wahlen im Mai 2009. Welchen Einfluss die Veröffentlichung der Daten von Mitgliedern auf die Entwicklung der Partei haben wird, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass die BNP mit ihrem Sammeln von Daten gegen den Datenschutz verstoßen hat, was sicherlich nicht ohne Folgen bleiben wird, zumindest was das Image der Partei angeht.
Dazu kommt, dass die Parteibasis bereits seit einiger Zeit nicht einträchtig hinter ihrer Führung zu stehen scheint. Insbesondere Nick Griffin ist umstritten. Vor einem Jahr löste der Streit um den neuen Kurs einen Massenaustritt von Mitgliedern aus, denen die Politik Griffins zu moderat war.
Doch Griffin suchte zuletzt nach den Vorteilen der Affäre. Es sei fantastisch, sagte er, dass nun deutlich geworden sei, dass Lehrer, Ärzte, normale Menschen die BNP unterstützen. Das zeige, dass die Partei nicht eine Horde von Skinheads sei, wie die linken Medien suggerierten.
Vielleicht dachte er an »normale« Leute wie Robert West, einen Priester der Apostolischen Kirche in Holbeach im ländlichen Lincolnshire. Dieser sagte zu Journalisten, er schäme sich nicht, BNP-Mitglied zu sein: »Meine Mitgliedschaft in der BNP ist öffentlich bekannt: Gott hat die Nationen zu ihrem Besten voneinander getrennt. Jede Rasse braucht ihren eigenen Platz.«