Serie über Serien: »Starsky und Hutch«

Bullen zu Freaks

Warum Anton Steffen in den siebziger Jahren sein Zimmer mit einem »Starsky und Hutch«-Poster schmückte

Buddy Movies, also Filme, die auf zwei miteinander befreundete Hauptcharaktere setzen, gehören zu den ältesten Erfolgsrezepten des Kinos und später des Fernsehens. Insofern können Starsky und Hutch, die Helden der gleichnamigen Kult-Krimiserie aus der zweiten Hälfte der Siebziger, auf eine lange Liste von Vorgängern blicken. Und doch unterscheidet sich das Detective-Duo mit dem wuschelköpfigen, krummbeinigen Dave Starsky, der ganz offenkundig aus ärmlichen jüdischen Verhältnissen stammt, und Ken Hutchinson, dem strohblonden Prototyp eines WASP, der sich aus freien Stücken und einer Mischung aus Idealismus und Abenteuerlust für die Polizeilaufbahn entschieden hat, stark von seinen Vorgängern. Es war nämlich bis zu den Italo-Western-Auftritten von Bud Spencer und Terence Hill Ende der Sechziger üblich, dass sich, verkörpert in den Buddy-Figuren, resignierte Lebenserfahrung und jugendlich-überschießender Ungestüm aneinander rieben, wobei am Ende normalerweise als Resultat die Revitalisie­rung des Erfahrenen einerseits und die Ent-Radikalisierung des Jungen andererseits heraus­kam. Noch die »Straßen von San Francisco« beispielsweise funktionierten nach diesem Prin­zip, das (nicht nur) unzählige John-Wayne-Western vorgegeben hatten.
»Starsky und Hutch« waren demgegenüber Jugendkultur an und für sich, die respektable Ü-50-Welt ist dagegen nur meist lästige Umgebung: Autoritäten greifen nur von außen ins Se­riengeschehen ein, um es zu verkomplizieren. Einzig der bärbeißige Vorgesetzte Captain Dobey (dessen Rollenname nicht umsonst einen Slang-Ausdruck für Dobermann aufgreift) erscheint einigermaßen akzeptabel, weil er eine zwar spießige, aber verständnisvolle Onkelfigur gibt.
Den großen Erfolg der beiden Freak-Bullen, die über Jahre die Teenager- und Pop-Magazine bevölkerten – auch ich hatte ein Poster –, machte also aus, dass sie den Underground ins Fernsehformat brachten: In den letzten beiden der insgesamt vier Staffeln dann setzten sich die beiden Turnschuh- und Lederjacken-Helden nicht nur vom Durchschnitt ab, sondern auch von der seinerzeit expandierenden Disco-Mode. Vor allem Starskys Second-Hand-Kleidung war ein Dau­erthema; er trug sogar dann, wenn er schon einmal in den An­zug mus­s­te, seine üb­lichen blau-wei­ßen Adidas-Treter.
Auch das Los Angeles, in dem die beiden sowohl ermitteln als auch ihre Freizeit verbringen (in der Kneipe nämlich), scheint direkt aus Robert ­Crumbs »Fritz the Cat« entsprungen zu sein. Dro­gendealer, Gangster, wirre Extremisten, Säufer, Prostituierte, aber auch einfach nur nette Spinner bilden die soziale Umwelt von Starsky und Hutch, in der die beiden liebenswerten Chaoten an sich auch nicht weiter auffallen würden, wären sie nicht gerade Cops. Und würden sie nicht in Starskys extrem peinlichem roten Ford Torino (mit weißen Rallye-Streifen), den Hutch zu Recht nur als »gestreifte Tomate« bezeichnet, durch die Gegend fahren.
Sowohl die Fälle als auch die zur Anwendung kommenden Methoden zeigen dabei ganz deutlich den filmischen Einfluss der harten Action-Thriller des Jahrzehnts, nicht zuletzt der italienischen und französischen. Immer wieder geht es um Verschwörungen und Korruption in der Polizei, organisiertes Verbrechen, Drogen und nochmals Drogen. Auch haben die Helden ein echtes Sexleben, in dessen Folge sie schon mal unrasiert und mit verquollenen Augen zum Dienst wanken und natürlich zu spät kommen. Auch die erfolgreichen Blaxploitation-Filme haben der Serie ihren Stempel aufgedrückt. Antonio Fargas, einer der Stars des schwarzen Action-Kinos (bspw. in »Foxy Brown«), spielt die Rolle des »Huggy Bear«, des selbst ein wenig kriminellen Kneipiers, Informanten und Sprücheklopfers. Vor allem aber gibt es einen schwarzen Vorgesetzten, den schon erwähnten Captain Dobey, eine echte Serienneuerung. Und natürlich spielt die Musik eine tragende Rolle: Lalo Schifrins Knallerthema gehört zu den Highlights des Genres und wurde unter anderem vom James Taylor Quartet gecovert.