Die längere Party

Dass man beim Stichwort »Partymetropole« an Berlin denkt und die Münchner Ausgeh-Szene als schickimicki gilt, damit können die Autoren des Text-Bild-Bandes »Mjunik Disco« ganz gut leben. »München bei Nacht von 1949 bis heute« steht in Anspielung auf den bekannten Urlaubs­karten-Gag auf dem Cover, aber hinter der Stadt der BMW-Cabrio-Fahrer und Lederhosenträger entdecken sie die Partystadt, die nicht erst existiert, seitdem Clubs zu den Standort-Argumenten zählen.
Die Urszene der Münchner Clubkultur-Ge­schich­te spielt 1949, als das Nachtlokal P1 eröffnet. Wofür Olympiaden doch alles gut sind: Mit Beginn der Spiele 1972 entwickelt sich die Disco-Stadt mit Clubs wie Big Apple und Sugar Shack. Den Soundtrack dazu schafft der Luis-Trenker-Neffe und Erfinder der Synthesizer-Disco-Musik, Giorgio Moroder. Die Stones und Queen reisen an, um tagsüber im Tonstudio zu stehen und abends in die Disco zu gehen. Den Sündenfall der Partystadt datiert das Feierbuch auf Mitte der Achtziger, als der Edelclub Maximilian’s seine Pforten für Reiche und Promis öffnet, die Türen vor der Subkultur jedoch verschließt. Vor­bei die Zeiten, als die Society den Dancefloor mit jungen Künstlern, Filmemachern und Literaten teilte und München als das deutsche San Francisco galt. Dass die hinteren Kapitel der glanz­­vollen Feier-Chronik nicht in gepflegter Langeweile erstarren, liegt am Acidhouse- und Techno-Fieber, an Electroclash und Postdiscopunk, die dem Treiben der Bierzelt-Dynastien was entgegensetzen. Damit nicht alle nach Berlin abhauen.

Mirko Hecktor (Hg): Mjunik Disco. Blumenbar, München 2008, 232 Seiten, 32 Euro