Gefährliches Griechenland

»Fragen Sie uns lieber, wo es nicht brennt!« antworteten Feuerwehrleute in Athen auf die Anrufe Tausender Bewohner, die sich telefonisch nach der Lage in der Innenstadt erkundigen wollten. Der Tod des 15jährigen Schülers Alexis Grigoropoulos durch einen Schuss aus einer Polizeipistole löste am Samstag in ganz Griechenland eine gewaltige Protestwelle aus. In mehreren griechischen Städten herrschten Anfang der Woche bürgerkriegsähnliche Zustände. Mehrere tausend Anarchisten, Jugendliche, Schüler und Studenten, aber auch viele »Normalbürger« gingen auf die Straßen und skandierten Sprüche gegen die Polizeigewalt. Dabei blieb es nicht bei wütenden Slogans. Vor allem in Athen und Thessaloniki (Bild) kam es zu heftigen Krawallen. In beiden Städten brannten Barrikaden und Banken, Hotels und Geschäfte wurden in Brand gesteckt. Die Polizei setzte so viel Tränengas ein, dass Hunderte unbeteiligte Anwohner über Atembeschwerden klagten.

Die Polizei berichtete am Montag­abend von 173 Festnahmen, gut die Hälfte davon in Athen. Obwohl die Medien die »randalierenden Chaoten« verurteilen, reicht die Empörung über den Vorgang der Polizei weit über das linksradikale und anarchistische Spektrum hinaus. Staatspräsident Karolos Papoulias sprach davon, der Rechtsstaat sei durch die Tötung des Jugendlichen verletzt worden. Der Vorsitzende der Sozialisten, Giorgos Papandreou, warf Ministerpräsident Kostas Karamanlis vor, verantwortlich für die Ausschreitungen zu sein: »Die Regierung ist gefährlich geworden für Griechenland und das griechische Volk.« Die Krawalle seien Folge der Regierungspolitik. Der Vorfall wird für die konservative Regierung wohl nicht ohne Folgen bleiben. Inzwischen weiten sich die Proteste aus: Schulen und Universitäten blieben seit Montag geschlossen, die Universitätsprofessoren haben einen dreitägigen Streik ausgerufen. Gerüchte über die Verhängung des Ausnahmezustands machten die Runde.