Kein Land in Sicht

»Piraterie ist ein Problem, das an Land beginnt«, weiß Leutnant Nate Christensen, Sprecher der 5. Flotte der US-Navy. Doch er hält nichts von Kampfeinsätzen gegen Piraten an Land. Noch bevor Außenministerin Condoleezza Rice solche Einsätze dem UN-Sicherheitsrat vorschlagen konnte, äußerten diverse Repräsentanten des US-Militärapparats und Verteidigungsminister Robert Gates ihre Bedenken. Auch die anderen westlichen Staaten möchten zwar die für den Welthandel wichtige Route durch den Golf von Aden sichern, aber nicht in den somalischen Bürgerkrieg hineingezogen werden.
Mehr Unterstützung wünscht sich hingegen der somalische Außenminister Osman Mohammed Adan: »Wir brauchen internationale Streitkräfte, die uns beim Aufbau unserer Sicherheitskräfte helfen.« Die Helfer müssten sich wohl beeilen, denn nach Erkenntnissen der Uno sind 15 000 somalische Soldaten und Polizisten bereits desertiert, viele überließen ihre Waffen den islamistischen Aufständischen. Bezahlt wurden sie nur selten, denn fast das gesamte Militärbudget wurde der Uno zufolge von korrupten Politikern unterschlagen. Nun zerfällt auch noch die Übergangsregierung. In der vergangenen Woche feuerte Präsident Abdullahi Yussuf den Premierminister Nur Hassan Hussein, am Montag hob das Parlament die Entlassung wieder auf. Ohnehin kontrolliert die Regierung, ein fragiles Bündnis von rivalisierenden Warlords, nur einen kleinen Teil des Landes. Sie residiert in der Kleinstadt Baidoa, könnte aber auch von dort vertrieben werden, denn bald beginnt der Rückzug der äthiopischen Truppen. Die Warlords streiten nun darüber, ob sie ein Bündnis mit kompromissbereiteren Islamisten anstreben sollen. Doch dafür könnte es zu spät sein. In der Hauptstadt Mogadishu erklärten aufständische Islamisten auf einer Pressekonferenz, sie hätten kein Interesse an Verhandlungen. Sie fühlen sich wohl bereits als Herren des Landes.   js