Klangsauce mit Hitgewalt

HipHop ist im Umbruch. Erfolgreich sind die Rapper, die absurderweise gar nicht mehr wirklich klingen wie Rapper. Auf keiner Dorfdisse würde der DJ einen Track mit derart billigen Beats auflegen, wie sie bei Akon beispielsweise als Grundlage für seine Nummer »Keep You Much Longer« herhalten müssen. Aber zusammen mit Akons gepitchten, mit dem Stimm­verzerrer Autotune eingesungenen »Raps« entfaltet diese Klangsauce eine Hitgewalt, wie man sie im HipHop lange nicht mehr vernommen hat.
So wie sich Madonna zuletzt von Europa aus dem amerikanischen HipHop angenähert hat, läuft die Sache nun auf dem umgekehrten Weg, mit den weit originelleren Ergebnissen. Akon und Kanye West sind inzwischen die neuen Timbalands und Neptunes: Sie sind zutiefst im HipHop-Mainstream verankert und trotzdem absolute Avantgarde und Innovatoren. Wäre zu schön, wenn etwas davon auch mal in den Clubs ankommen würde, denen letztlich diese Neuerungen im HipHop entnommen wurden. Warum nicht als Techno-DJ auch mal so einen Akon-Smasher auflegen? Und der Trick mit dem Autotune funktioniert einfach, immer noch und immer wieder neu. Die von sich selbst entfremdete Stimme schafft ein Gefühl der Unbestimmtheit, eine Abkehr von all der schal gewordenen Authentizität, der im HipHop viel zu lange fetischhaft gehuldigt wurde. Endlich ist HipHop wieder eine Verheißung.
Das Jahr ist zu Ende, also kann man so was auch mal sagen, ohne dabei rot werden zu müssen: Platte des Jahres.

Akon: Freedom (Universal)