Kunst auf Papphüllen

Mit zwei unterschiedlichen Blicken kann man das Buch »Jazz Covers« durchblättern. Mit dem des Designliebhabers, der sich erfreut an der gelungenen Bildsprache der abgebildeten Jazzplattencover. Oder mit dem des Musikliebhabers und Plattensammlers, den auch auf obskure Ob­jekte stößt, die er ganz gerne selbst hätte, und den ganz automatisch das Gefühl beschleicht, un­bedingt mal wieder eine Platte von Miles Davis aufzulegen. Am sinnigsten ist allerdings natürlich der Blick, der beides verschränkt, das Augen­merk auf die Gestaltung mit der Begeisterung für eine Musik, die das zwanzigste Jahrhundert geprägt hat wie sonst nur der Pop.
Der Taschen-Verlag hat sich mal wieder nicht lumpen lassen. Das Buch, voll mit »Jazz Covers«, ist ziegelsteinschwer, zu jeder Platte gibt es wenigstens Infos über das Erscheinungsjahr und zum Designer, und hin und wieder finden sich kleine Einführungstexte zum Werk einzelner Mu­siker.
Gebannt starrt man auf all diese unfassbar schönen Blue-Note-Covers beispielsweise, die einen unbedingten Willen zu Style, zu Traditionalismus bei gleichzeitiger Suche nach einem radikal neuen Ausdruck verkörpern. Oder einfach auf spektakuläre Fotos von Musikern des Jazz age, Fotos, die zur Gestaltung von Covern dienten und auf denen man echte Superstars vermutet, während viele aus der Generation Charlie Parkers in Wahrheit im Drogen­elend versanken.

Julius Wiedemann, Joaquim Paulo (Hg): Jazz Covers, Taschen, Köln 2008, 496 Seiten, 29,99 Euro