Die Rolle des BND im Irak-Krieg

Pullach peinlich

Kriege führen eigentlich immer die anderen. Doch zwei Mitarbeiter des BND scheinen im Irak aktiv dabei gewesen zu sein und kriegswichtige Informationen an die Amerikaner geliefert zu haben.

Die Fälle, in denen der BND, jener von Altnazis ins Leben gerufene deutsche Geheimdienst, in der Vergangenheit positiv aufgefallen ist, kann man an wenigen Fingern abzählen. Wer »Pullach« hört, denkt fast reflexartig an riesige Abhörschüsseln und peinliche Skandale: abgehörte Telefone von Journalisten oder im Dienst des BND stehende Bundeswehrsoldaten, die im Kosovo verhaftet werden.
Plötzlich kommt Lob von höchster Stelle, nämlich von den US-Generälen Tommy Franks und James Marks: Helden seien sie gewesen, die zwei Mitarbeiter des BND, die, angestellt in der deutschen Botschaft in Bagdad, im Jahre 2003 kriegs­wichtige Informationen an das amerikanische Militär in Katar geliefert hätten.
Die beiden BND-Leute sind offenbar bis kurz vor Kriegsende unbehelligt durch den Irak spazieren gefahren und haben mittels eines GPS-Systems massenweise Daten nach Deutschland gesendet. Da die Bundesrepublik sich gleichzeitig als einer der größten Kriegsgegner zu profilieren trachtete, scheinen die Deutschen den Irakis und ihren recht effektiven Abwehrdiensten nicht verdächtig gewesen zu sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass dort, wo jeder ausländische Journalist überwacht wurde, zwei Angestellte der deutschen Botschaft solche Freiheiten genossen?
Frank-Walter Steinmeier, damals Chef des Bundes­kanzleramts und zuständig für die Geheimdienste, wusste vom Treiben der beiden, leugnete aller­dings, dass kriegsrelevante Informationen an die Amerikaner weitergeleitet wurden. Denn wenn stimmt, was die amerikanischen Militärs dem Spiegel sagten, dann beteiligte sich Deutschland, wenn auch nicht maßgeblich, so doch durchaus aktiv an dem Krieg.
Bei der Anhörung vor einem parlamentarischen Untersuchungssausschuss am Donnerstag voriger Woche gelang es weder Steinmeier noch dem früheren Außenminister Joseph Fischer, den Verdacht zu entkräften. Während Fischer ganz im Stil der damaligen Regierung pampig wurde und die Berichte der Amerikaner als »völligen Quatsch« abtat, eierte Steinmeier herum.
Wie bei derartigen Affären üblich, wird sich vermutlich herausstellen, dass der BND getan hat, was ihm vorgeworfen wird. Dass es allerdings ein Skandal sein soll, wenn der deutsche Geheimdienst effektiv geholfen hätte, der Diktatur Saddam Husseins ein Ende zu bereiten, ist eine Ironie der Geschichte. In den achtziger Jahren war es derselbe BND, der dem irakischen Regime maßgeblich bei der Beschaffung von Produktionsanlagen für die Herstellung von Giftgas half und irakische Geheimpolizisten ausbildete.
Da arbeitet die Truppe einmal nachweislich effektiv und für einen durchaus guten Zweck, und Steinmeier kann sich darüber nicht einmal freuen. Im Gegenteil muss der Kanzlerkandidat der SPD fürchten, dass ihm diese deutsche Beteiligung am Irak-Krieg, den er öffentlich so vehement abgelehnt hatte, zum Verhängnis wird. Da hilft es auch wenig, den Amerikanern zu unterstellen, sie wollten mit den Informationen auf »durchsichtige Weise« nur »alte Rechnungen« begleichen.