Tiger in Bedrängnis

Den »ruhmreichsten Sieg in den Annalen des militärischen Heldentums in unserer Geschichte seit vielen Jahrhunderten« verkündete Präsident Mahinda Rajapakse am vergangenen Freitag. Seiner Armee war es gelungen, Kilinochchi einzunehmen, die inoffizielle Hauptstadt der Guerillabewegung Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE). Die Truppen rücken nun weiter auf die Halbinsel Jaffna vor, am Dienstag durchbrachen sie die Verteidigungslinie der LTTE und eroberten Muhamalai. Offiziellen Angaben zufolge sind die Guerillaeinheiten auf Jaffna nun von den südlich der Halbinsel operierenden LTTE-Truppen abgeschnitten. Regierung und Militärführung glauben, innerhalb weniger Wochen die LTTE endgültig besiegen zu können. Es handele sich nur um eine vorübergehende Krise, wie sie die Guerilla schon mehrmals »mit der Unterstützung unseres Volkes« überstanden habe, behauptet Balasingham Nadesan, den das Internet-Portal TamilNet als »Political Head« der LTTE vorstellt. Doch die Tigers waren nach Ansicht der meisten Militäranalytiker noch nie so sehr in Bedrängnis wie derzeit. Allerdings könnte auch eine militärisch besiegte LTTE noch lange Zeit Terroranschläge weiterführen, die Organisation verfügt über zahlreiche ausgebildete Selbstmordattentäter.
Unklar ist, ob die Regierung den eroberten tamilischen Gebieten Autonomie zugestehen wird. Die LTTE hat zwar stark an Popularität verloren, doch Angriffe singhalesischer Rechtsextremisten und eine Militärstrategie, die nicht der offiziellen Linie der »Zero Civilian Casualty Policy« entspricht, sorgen für Unzufriedenheit unter den Tamilen. Derzeit aber hilft der militärische Erfolg Rajapakse in wirtschaftlicher Hinsicht. Im Dezember war die Kredit­würdigkeit Sri Lankas von der Rating-Agentur Standard & Poor’s herabgestuft worden, nach der Einnahme Kilinochchis stiegen die Kurse an der Börse von Colombo.   js