Home Story

Es geht aufwärts. Ganz allmählich füllen sich die Räume wieder mit Redakteurinnen und Redakteuren, die sich, noch etwas wackelig auf den Beinen, gegenseitig berichten, wie es sie »umgehauen«, »niedergestreckt« oder gar »weggepustet« hatte und was man so alles im Fieberwahn halluzinierte.
Zwar ließ ein hinterhältiger Virus gleich zwei Nummern der Jungle World beinahe zu Notausgaben werden – hätten nicht die verbliebenen Mitglieder der Rumpfredaktion geradezu Übermenschliches geleistet, um die Qualität Ihrer Lieblingswochenzeitung zu sichern. Aber mit der erfolgreichen Bekämpfung der grippalen Infekte hat sich die Redaktion in der Bergmannstraße zu einem Kompetenzzentrum in Sachen Gesundheit entwickelt. Ein beachtliches Fachwissen hat sich zusammengeballt, für das noch eine adäquate Verwendung gesucht wird.
Die Geschäftsführerin kalkuliert bereits den Aufkauf der Apotheken Umschau und diverse Fusionsszenarien durch. Im Gespräch sind sowohl ein auflagenstarkes Magazin für politische Gesundheit als auch eines für gesunde Politik. Prophylaktisch sträubt sich das Lektorat allerdings schon dagegen, künftig Formulierungen wie »Diabetes aufs Korn nehmen« und »Zahnarztkosten abfedern« durchgehen lassen zu müssen.
Auch ein Gesundheitsressort in der Jungle World mit dem Titel »Heile Welt« wird in Betracht gezogen, erste Texte sind bereits in Arbeit. Der Verlagsmitarbeiter brütet über einem aufwändigen Rezept für einen Zwiebel-Ingwer-Knoblauch-Sud, mit dem man Tote wieder aufwecken kann – allerdings nur, wenn man den ultimativen Tipp befolgt: Nase zuhalten beim Gebrauch! Die Thema-Redakteurin ist der Meinung, ihr persönliches Wundermittel dränge nach vorn und müsse auf mehreren Seiten besprochen werden. Sie besorgte in der Apotheke Kamillenblüten, vermied aber konsequent, sie mit heißem Wasser in Kontakt zu bringen und die aufsteigenden Dämpfe zu inhalieren. »Ohne Sanddornschnaps von Hiddensee wäre ich bis Frühlingsanfang ausgefallen«, behauptet die Inlandsredakteurin und will den risikoreichen Selbstversuch unbedingt den Leserinnen und Lesern in Form einer Reportage mit vielen Fotos schildern.
Einen Meinungsbeitrag dazu, dass nicht krank sein kann, wer nicht krank sein darf, plant der wackere Layouter für die Disko-Seite. Weil er vorübergehend unersetzbar ist, wurde ein grippaler Infekt bei ihm schlichtweg nicht gebilligt. Dagegen ist der Kollege, der zum Geheimnis der heilenden Wirkung von Suppenhühnern recherchiert, noch nicht wieder gesehen worden. Wir wünschen ihm und allen gebeutelten Leserinnen und Lesern gute Besserung!