Verrauchte Wut

Viel Spannendes tut sich wieder da draußen im HipHop. Man versucht es mit schlimmem Eurodance oder schaltet das Effektgerät Autotune beim Rappen oder Singen gar nicht mehr aus. Zumindest bewegt sich also wieder etwas in einem zuletzt träge gewordenen Genre. Auf ihre Weise reißen Dälek aus New Jersey alle Grenzen im HipHop nieder. Man weiß es gar nicht mehr richtig zu sagen: Ist das noch HipHop? Dieses irrsinnige Geschepper, Beatgerumpel und Gitarrengesäge? Niemand sonst versucht sich an Ähnlichem wie Dälek, an solch einem Sound, der dem Hades zu entstammen scheint, so dunkel ist er, und der mit einer Wucht alles niedermäht, dass man denkt, man befände sich im Krieg.
»Gutter Tactics«, das neue Album der Berserker, die sich auch auf Gitarrenbands wie My Bloody Valentine beziehen und schon mit den deutschen Krautrockern Faust zusammenge­arbeitet haben, hat den alten freilich nichts Wesentliches hinzuzufügen – Dampframme bleibt Dampframme. Aber weniger laut, weni­ger brutal und nach entsetztem Aufschrei klingt es. Auch dies ist bestimmt dem Obama-Effekt geschuldet, so wie alles derzeit, das irgendwie nach Entspannung klingt. Der Hass, die Wut auf das Leben in Bush-Amerika scheint langsam zu verrauchen. Die sich immer extrem politisch gerierenden Dälek, die etwas von Public Enemy mit noch mehr Wumms haben, klingen nicht mehr ganz so verstörend und irritierend, alles erscheint geordneter, fast schon, nun ja, wie HipHop.

Dälek: Gutter Tactics (Ipecac)