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Wenn der Ölpreis steigt, sehen die meisten Nigerianer nichts von den wachsenden Einnahmen. Sinkt hingegen der Ölpreis, be­deutet das keineswegs, dass im Land auch der Verkaufspreis für Benzin sinkt. Das beschert der nigerianischen Regierung zwei Pro­bleme. Der Fall des Ölpreises von über 140 auf derzeit kaum mehr als 30 Dollar mindert die Staatseinnahmen, in klientelistischen Staaten wie Nigeria kann dies zu harten Verteilungskämpfen innerhalb der Oligarchie führen. Überdies erwartet die Bevölkerung, dass nun wenigstens der Benzinpreis sinkt. Deshalb hat die Regierung verfügt, dass Benzin statt 70 nur noch 65 Naira (umgerechnet 32 Eurocent) pro Liter kosten soll. Wenn die Regierung etwas verfügt, bedeutet dies jedoch nicht, dass die Nigerianer sich an die neue Regel halten. »Die Anordnung wurde vor vier Tagen veröffentlicht, aber sie befolgen sie nicht, weil es keine Erhöhung ist«, empörte sich Anthony Nwaokoagbara vom Department of Petroleum Resources über den Unwillen der Tank­stellenbesitzer, die Preise zu senken. Einige fordern sogar 80 Naira von ihren Kunden. Am Montag ließen die Behörden Kontrolleure auschwärmen, die das Recht haben, die Tankstellen widerspenstiger Inhaber vorübergehend zu schließen. Manche behaup­ten, es sei gerade kein Benzin da. Die 1 000 Liter in den Tanks seien für ihn und seine Angestellten bestimmt, behauptete etwa Hamza Abdullahi, ein Tankstellenbetreiber in der Haupstadt Abuja. Er wurde angewiesen, umgehend 500 Liter zum neuen Preis zu verkaufen.
Die meisten Nigerianer sind froh über jede Maßnahme, die ih­re Lebenshaltungskosten senkt. Manche NGO wie die Human Rights Writers’ Association Of Nigeria lobten die Regierung. Doch die beiden Gewerkschaften im Ölsektor, Nupeng und Pengassan, glauben, dass die Regierung etwas anderes beabsichtigt. Die »arm­selige Reduzierung« des Preises sei ein Versuch, die Nigerianer für die Deregulierung zu gewinnen. Die Regierung beabsichtige, die Subventionierung des verkauften Benzins, das wegen des Mangels an Raffinerien zu 80 Prozent importiert werden muss, einzustellen, dies werde die Lebenshaltungskosten immens steigern. Die Gewerkschaften drohen mit einem Streik, derzeit verhandeln sie mit der Regierung.