Palästina-Solidarität in Spanien

Leise gedacht

Der Protest gegen den »israelischen Genozid« hat in Spanien zu großen Polemiken geführt. In Barcelona wurde am Holocaust-Gedenktag ein offener Eklat erst in letzter Minute abgewendet.

Mitte Januar berichtete die Tageszeitung La Vanguardia, dass die katalanische Regionalregierung die geplanten öffentlichen Akte zum Gedenken an die Opfer des Holocaust am 27. Januar abgesagt habe. Dem Bericht zufolge hätten Regierungskreise als Begründung angegeben, es sei »nicht angebracht, des jüdischen Holocaust zu gedenken, während ein palästinensischer Holocaust statt­findet«. Die Regionalregierung widersprach dieser Darstellung und gab bekannt, dass die ursprünglich geplanten – und von der jüdischen Gemeinde bereits organisierten – Veranstal­tungen nur »eine Idee« gewesen seien. Das Format sei geändert worden, sonst nichts. Dass dies wenige Tage nach Beginn der Gaza-Offensive geschah, sahen jedoch Vertreter der jüdischen Gemeinde als ein klares Zeichen an. Zudem hatte der katalanische Innenminister Joan Saura am 10. Januar an einer anti-israelischen Demonstration in Barcelona teilgenommen. Unter dem Motto »Stoppt das Massaker in Gaza! Boykottiert Israel!« waren 30 000, nach Angaben der Veranstalter 200 000 Menschen durch die katalanische Hauptstadt gezogen. Hinter dem Fronttrans­parent lief eine Zeit lang auch ein vermummter Demonstrant, der eine Pistole in der Hand hielt. Er war bei weitem nicht der einzige, der als Hamas-Kämpfer in den Reihen der »Friedensdemonstration« auftrat. Einen Tag später wurde eine Synagoge in Barcelona beschmiert und mit Steinen beschmissen. Die israelische Botschaft drückte daraufhin in einem offenen Brief ihre Sorge »aufgrund der jüngsten antisemitischen und anti-israelischen Handlungen in Katalonien« unter Teilnahme des Innenministers Saura aus. »Wir sind zutiefst besorgt über die Sicherheit der jüdischen Gemeinde in Barcelona und Ka­ta­lo­nien«, ist in dem Dokument zu lesen. Die Gedenk­veranstaltungen, die zum Teil von Saura geleitet wurden, fanden nun doch statt, jedoch in reduzierter Form. Die jüdische Gemeinde hatte zuvor ihre Beteiligung ebenfalls stark eingeschränkt.
Relativierende Vergleiche mit dem Nationalsozialismus sind in der politischen Diskussion in Spanien, und vor allem in den Regionen mit großen linksnationalistischen Bewegungen, keine Besonderheit. Amerika-Flaggen mit Hakenkreuzen statt Sternen gehören zum Standardrepertoire. So führt es in Spanien weder zu Empörung noch Verwunderung, wenn auf Demons­trationen Israel-Flaggen mit Hakenkreuz geschwenkt werden. Beim Durchstöbern linker Nachrichtenportale wird deutlich, was hinter der Gleichsetzung mit dem Holocaust steckt. Ausführlich wird erklärt, warum Israel von seiner Gründung an ein »rassistischer und terroristischer Staat« sei und wo die Verbindungen zwischen dem »National-Zionismus« und dem Nationalsozialismus lä­gen. Be­reits vor dem Beginn der israelischen Offensive war es in der Linken in Spanien ideologisches Ge­meingut, dass Zionismus imperialistischer Rassismus sei. Und so ist auch gleich klar, wer hinter der (seltenen) Kritik an der antisemitischen Atmosphäre steckt. La Vanguardia, eine der wenigen Zei­tungen, die das Vorgehen der Regionalregierung skandalisierte, sei das »offizielle Organ des katalanischen Zionismus«, so das linke Nachrichtenportal rebellion.org. Bei einer staatlichen Umfrage im vergangenen Jahr gaben über die Hälfte der Schüler von 12 bis 18 Jahre an, nicht ne­ben einem Juden sitzen zu wollen. Man kann sich ausmalen, wie das Ergebnis heute aussähe.